Schachboxen – Körper & Geist im Einklang

Schach und Boxhandschuh auf dem Schachbrett

Foto: Serezniy

Schachboxen feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Schachboxen ist eine sogenannte Hybrid-Sportart, d.h. zwei Sportdisziplinen – Schach und Boxen – werden miteinander kombiniert. Der Trendsport wurde in Berlin von Iepe Rubingh erfunden. Das Interesse und die Anzahl der Wettkämpfenden steigen stetig. Vor dem Kampf findet eine Einteilung nach Gewichtsklassen und eine grundlegende Orientierung über die Schach-Wertungszahl (DWZ/ELO) statt. Heute gibt es zwei Weltverbände – die World Chess Boxing Association (WCBA) und die World Chess Boxing Organisation (WCBO) – sowie eine global wachsende Schachbox-Community.   D as alles war uns nicht bewusst, als wir im Sommer 2021 nach dem Lockdown anfingen, eine aktive Schachgruppe im Kölner Grüngürtel aufzubauen. Parallel war ich auch Mitglied einer motivierten Boxgruppe im Lohsepark. Aus den zwei Gruppen ergab sich eine Schnittmenge von Schachboxern, die sich dann regelmässig zum spezifischen Schachbox-Training traf. Als wir im Sommer 2021 von einer Weltmeisterschaft hörten, meldeten sich drei Mutige zu dem Abenteuer an. Die offizielle WCBO Weltmeisterschaft fand im November 2021 in Antalya statt. Zwei der drei kamen mit einer Bronzemedaille nach Hause. Heute ist Chessboxing Cologne mit 15 Kämpfern wohl der aktivste Club Deutschlands.   Zwei Männer spielen Schach

Schach

Sowohl Schach als auch Boxen haben in unserer Gesellschaft eine lange Tradition. Schach ist ca. 1500 Jahre alt und nach dem chinesischen Guangxi (Xiangqi) das älteste Brettspiel der Welt. Schach kann sowohl isoliert online gegen den Computer oder andere Mitglieder als auch gegen reale Gegner am Brett gespielt werden. Als ehemaliges «Spiel der Könige» hat es bis heute weltweit einen guten Ruf. Schachspieler werden allgemein als überdurchschnittlich intelligent angesehen. Deshalb geniessen sie ein gewisses Ansehen, selbst bei Leuten, welche die Regeln nicht beherrschen.   Zwei Männer boxen im Park

Boxen

Das klassische Boxen mit seinen Regeln ist noch keine 200 Jahre alt. Es hat seinen Ursprung im griechischen Pankration, eine Kampfkunst, die schon über 600 Jahre v. Chr. praktiziert wurde. Kampfsport hat seit jeher Befürworter und Gegner, doch es ist fraglos: Gegenüber körperlich starken Menschen wird immer einen gewissen Respekt erwiesen. Heute werden weltweit regelmässig Schwergewichts-Boxkämpfe verfolgt. Gerade im vergangenen Jahr hat Tyson Luke Fury, Weltmeister im Schwergewicht, mit 94’000 Live-Zuschauern im WembleyStadion den Besucher-Rekord geknackt.

Schachboxen

Der spezifische Vorzug des praktischen Schachboxens ist ein altes asiatisches Prinzip, das im Westen zwar anerkannt ist, aber viel zu selten umgesetzt wird: Das Training von Körper und Geist. Sportler – insbesondere auch Bodybuilder – werden regelmässig auf ihr Äusseres reduziert, während intelligente Menschen oft auf den ersten Blick alsunsportlich gelten. Beim Schachboxer haben diese Vorurteile keine Chance: Der beste Boxer kann auf dem Brett schachmatt gesetzt werden und dem intelligentesten Kopf kann im Kampf die Luft ausgehen. Die Faszination liegt beim Schachboxen also darin, an seine körperlichen und geistigen Limits zu gelangen, sie auszuweiten und zu kontrollieren.

Wettkampf-Ablauf

Grundsätzlich treten zwei Gegner in abwechselnden Runden – Schach und Boxen – gegeneinander an. Ziel ist es, den Gegner Schachmatt zu setzen bzw. K.O. zu schlagen. Die Anzahl Runden liegt bei fünf, sieben oder elf und jede Runde dauert drei Minuten. Man beginnt mit Schach, wobei die Rundenanzahl die Zeit auf der Schachuhr bestimmt. Nach der ersten Schachrunde folgt eine einminütige Pause, während der sich die Kontrahenten Boxhandschuhe anziehen. Die Schachzeit wird währenddessen unterbrochen und die Stellung auf dem Brett beibehalten. Runde zwei läuft nach den allgemeinen Regeln des Boxsports ab, der Gegner kann ausgeknockt oder zumindest so aus dem Konzept gebracht werden, dass es sich in der nächsten Runde auf dem Brett auswirkt. In Runde drei geht es mit der Stellung und Zeit aus Runde eins weiter und dieser Vorgang wiederholt sich, bis einer der Athleten durch Schachmatt, Knock-out-Schlag oder durch Zeitablauf auf der Schachuhr gewinnt.

Training

Das Schachbox-Training stützt sich auf Techniken der beiden Sportarten. Dazu gehören Ausdauertraining, Schachaufgaben, Sparring, Gerätetraining und Schachspiele am Brett sowie online auf diversen Apps. Besonders wichtig ist, dass die Übergänge zwischen den Runden trainiert werden. Es kann nämlich schnell passieren, beim Schachspiel einen Patzer zu machen, wenn man mental noch im Boxkampf ist. Umgekehrt aber auch: Wer während der Boxrunde noch über den eingestellten Läufer nachdenkt, geht schnell zu Boden. Das Mentaltraining ist also ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Man benötigt eine gewisse Gelassenheit, um auch mit Nachteil am Brett auf die nächste Boxrunde hinzuspielen. Und natürlich ist Mut neben weiteren Eigenschaften die Grundlage für einen erfolgreichen Boxkampf.     Autor: Denno Probst, Boxtrainer