Wie super sind Superfoods?

Verschiedene Obst- und Gemüsesorten auf hellem Hintergrund

Foto: Wendy Wei

Avocados, Acai-Beeren, Chia-Samen und Co sind seit geraumer Zeit als Wunderwaffen der Ernährungsindustrie bekannt. Den so genannten Superfoods werden – im Vergleich zu anderen Lebensmitteln – besonders gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Auch für den Muskelaufbau schwören viele Fitnessbegeisterte auf die vermeintlich besseren Lebensmittel. Doch was steckt wirklich dahinter? Macht Superfood seinem Namen alle Ehre oder ist es nur ein Marketingkonzept, um hohe Verkaufszahlen zu garantieren?

Was sind Superfoods?

Vorwiegend pflanzliche Lebensmittel wie Nüsse, Gemüse, Früchte, Samen oder bestimmte Algenarten werden als Superfoods bezeichnet. Soziale Medien, Ernährungsberater und Magazine loben sie derzeit in den Himmel. Sie sollen uns von freien Radikalen in unserem Körper befreien, beim Abnehmen helfen oder uns gar jünger aussehen lassen. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen im Supermarkt lieber nach Acai- statt Heidelbeeren greifen. Doch lohnen sich die meist höherpreisigen Produkte überhaupt?

 

Superfood taucht in unterschiedlichen Formen auf. Viele Menschen verwenden sie, um bestimmte Gerichte aufzupeppen. Chia-Samen werden zu Pudding verarbeitet, Acai-Beeren landen für einen Smoothie im Mixer und aus Avocados wird eine leckere Guacamole gezaubert. Währenddessen erhältst du sie auch in Form von Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel.

 

Exemplarische Superfoods sind Goji- und Acai-Beeren, Quinoa, Chia-Samen, oder Spirulina Algen. Hätte man die Schweizer Bevölkerung vor 20 Jahren gefragt, ob ihnen die Begriffe bekannt sind, wäre das Ergebnis wohl negativ ausgefallen. Das liegt daran, dass diese Lebensmittel meist nicht in Europa angebaut werden können. Darum werden sie in Südamerika, Afrika oder Asien gezüchtet und nach Europa importiert.

 

Superfood trägt seinen Namen, weil es einen vermeintlich grösseren gesundheitlichen Nutzen hat als andere Lebensmittel. Dabei wird meist auf die antioxidative Wirkung angespielt, die viele Superfoods vorweisen können. Das bedeutet, dass sie die Fähigkeit besitzen, so genannte freie Radikale zu neutralisieren. Freie Radikale sind Nebenprodukte des Stoffwechsels, die aufgrund von Umwelteinflüssen, wie UV-Strahlung oder Abgasen entstehen. Sie sind sehr aggressiv und können sich schnell in unserem Körper ausbreiten, was zu oxidativem Stress führt. Oxidativer Stress erhöht das Risiko an schwerwiegenden Krankheiten, wie Krebs, Diabetes oder Alzheimer zu erleiden.

Was hält die Wissenschaft von Superfoods?

Eine angemessene Einschätzung, ob Superfood seinem Hype gerecht wird, kann uns die Wissenschaft leider noch nicht liefern. Die wenigen Forschungen, die durchgeführt wurden, basierten meist auf einer geringen Probandenanzahl und reflektierten nicht das durchschnittliche Essverhalten der Menschen. Geforscht wurde mit einer sehr hohen Dosierung an Superfoods, doch für viele machen diese nur eine Komponente ihrer Mahlzeit aus. Die Mehrheit ernährt sich von Kombinationen verschiedener Lebensmittel. Dass diese Kombinationen rein aus Superfoods bestehen, ist wohl ziemlich unwahrscheinlich.

 

Bewiesen jedoch wurde, dass Superfoods eine gesundheitsfördernde Wirkung haben können, solange sie vollwertig sind. Vollwertigkeit bedeutet, dass alle naturgegebenen Inhaltsstoffe der Pflanze enthalten sind. Ob das bei den meist exotischen Früchten der Fall ist, finden wir später heraus.

 

Dass Gemüse- und Obstsorten durch ihre zahlreichen Vitamine gesundheitsfördernd sind, ist keine neue Information. Warum sonst wird uns ständig geraten, möglichst viele davon zu uns zu nehmen? Bei dieser Thematik stellt sich jedoch die Frage, ob Superfoods allen anderen pflanzlichen Lebensmitteln überlegen sind. Dozent Dr. Samuel Mettler im MyWorkout Interview ist sich sicher: «Superfoods? Die gibt es nicht».

 

Weitere Ernährungsberater schliessen sich Mettlers Aussage an. Exotisches Superfood könne den Ernährungsplan bereichern, sei aber im Zuge einer ausgewogenen Ernährung nicht von Nöten. Darüber hinaus könnten sie nur einen Mehrwert bieten, wenn du sie regelmässig konsumierst. Ihnen wird nachgesagt, schnell ihre Wirkung zu verlieren.

Superfoods und die Nachhaltigkeit

Das Superfood, was wir aus den sozialen Medien und Magazinen kennen, wird meist in Südamerika oder Asien angebaut und mit dem Schiff über mehrere Tage nach Europa transportiert. Das trägt Konsequenzen mit sich: Zum einen für die Qualität der Früchte und zum anderen für die Umwelt. Bei dem langen Transportweg über den Ozean werden Tonnen von CO2 in die Luft geblasen und tragen dazu bei, dass sich die globale Erwärmung weiter zuspitzt.

 

Der Transportweg schadet sowohl der Umwelt als auch den Pflanzen. Damit sie nicht faul bei uns im Supermarktregal liegen, werden sie geerntet, bevor sie reif sind. Resultierend daraus, fehlt es der Pflanze bereits an Nährstoffen, bevor sie auf dem Transportschiff landet. Weitere wichtige Inhaltsstoffe gehen bei der Reise verloren. So reagiert beispielsweise Vitamin C empfindlich auf Lager- und Trocknungszustände. Der versprochene Vitamingehalt so wie die Vollwertigkeit der Früchte sinkt.

 

Erstaunlicherweise ist die Konzentration der Superfoods bei Extrakten nochmal um einiges geringer als die Frucht an sich. Damit diese produziert werden können, müssen Teile der Pflanze entfernt werden. Folglich können die antioxidativen Inhaltsstoffe ihre Wirkung verlieren. Eine Schande, wenn man bedenkt, dass die Superfood-Kapseln meist nur aus diesem Grund gekauft werden.

 

Um der hohen Nachfrage an Superfood nachzukommen, müssen die Kapazitäten in den Herstellungsländern erweitert werden. Wälder werden für Plantagen abgeholzt, Dünger und andere Chemikalien eingesetzt. In Mexiko werden jährlich 4´000 ha Wald gerodet, um dort Avocados anzubauen. Die beliebte Frucht ist ein Klimakiller schlechthin. Nicht nur werden für die Plantagen Wälder zerstört. Für ein Kilogramm Avocados bedarf es 1`000 Liter Wasser, was im Durchschnitt drei Avocados ausmacht. Um die Pflanze ausreichend zu bewässern, wird in Mexiko 80% des Trinkwassers verwendet, das ohnehin schon durch die eingesetzten Chemikalien kontaminiert ist. Unfaire Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sind selbstverständlich auch keine Seltenheit.

 

Du möchtest trotzdem nicht auf deine geliebte Guacamole verzichten? Dann haben wir hier eine leckere und nachhaltige Alternative für dich.

Mockamole

Zutaten:

  • 250g aufgetaute und abgetropfte TK-Erbsen
  • 1 TL Kreuzkümmel
  • 3 EL gehackte Zwiebeln
  • 1 grosse Knoblauchzehe, klein gehackt
  • 1 EL Zitronensaft
  • 1 EL Olivenöl
  • 1 kleine Chilischote, klein gehackt
  • Salz und Pfeffer

Alle Zutaten zu einer cremigen Masse mixen. Besonders gut schmeckt die Mockamole mit Gemüsesticks, Cracker oder Brot. Viel Spass beim Nachmachen!

Regionale Superfoods

In der Debatte über Superfoods verweisen immer mehr Experten auf heimische Alternativen. Im Sinne der Nachhaltigkeit solltest du dir zwei Mal überlegen Superfood zu kaufen, das auf der anderen Seite der Erde angepflanzt wird. Bei regionalen Obst- und Gemüsesorten fällt der lange Transportweg meist weg und sie stehen dem exotischen Superfood in keinster Weise nach. Das gerät nur schnell in Vergessenheit, da Menschen meist an Dingen interessiert sind, die neu oder besonders sind. Falle nicht auf diese Verkaufsstrategie rein.  In den meisten Fällen sind regionale Lebensmittel sogar gesünder, da sie reif geerntet werden und dadurch auch im Supermarkt noch frisch sind.

 

Als Pendant zu der asiatischen Goji-Beere wachsen in Europa Preiselbeeren. Sie weisen nicht nur einen ähnlichen Geschmack auf, auch enthalten sie fast identische Vitamine, Mineralien und Nährstoffe.

 

Der altbekannte Apfel darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Nicht ohne Grund rät uns der Hausarzt jeden Tag einen zu essen.  Er enthält viele Vitamine und weist einen hohen Anteil an sekundären Pflanzenstoffen (SPS) auf. Sekundäre Pflanzenstoffe können den Blutdruck senken und sogar verschiedene Krebsarten vorbeugen.

 

Mit einer gleichermassen hohen Konzentration an sekundären Pflanzenstoffen können Brom- und Johannisbeeren glänzen. Ihr Gehalt an SPS ist teilweise sogar höher als bei überseeischen Superfoods.

 

Die Walnuss ähnelt nicht nur in ihrem Aussehen dem menschlichen Gehirn, sie wirkt auch unterstützend auf eben dieses und auf unsere Nervenfunktionen. Sie ist reich an Omega-3 Fettsäuren, die wir zu uns nehmen müssen, weil der Körper sie nicht selbst erzeugen kann, und kann unseren Cholesterinspiegel senken.

 

Der Superstar unter den heimischen Superfoods ist wohl das Gerstengras. Gerstengras beinhaltet eine grosse Menge an Chlorophyll, das den Körper von Stress befreit und unser Herz und Immunsystem stärkt. Im Zusammenhang mit Diäten, wird ebenfalls häufig auf die populäre Getreidepflanze gezählt. Die enthaltenen Enzyme regen den Stoffwechsel an, während Aminosäureketten unser Hungergefühl unterdrücken. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Gerstengras die Eigenschaft hat uns jünger wirken zu lassen durch spezifische Vitalstoff-Kombinationen.

 

Weiterhin gilt: Superfoods allein werden nicht deine gesamte Ernährung aufwerten, weder die heimischen noch exotischen. Alle Gemüse- und Obstarten wirken sich vorteilhaft auf deine Gesundheit aus und eine ausgewogene Ernährung ist von enormer Wichtigkeit. Bevor du zu überteuerten Superfoods greifst, schaue dich erstmal um, was deine Heimat alles zu bieten hat.

Superfoods und Training

 

Wie du sicherlich weisst, ist die richtige Ernährung beim Training wichtiger denn je. Obwohl alle Pflanzen nützliche Funktionen haben, kristallisieren sich bestimmte Nahrungsmittel, in Bezug auf Sport, als besonders nützlich heraus.

 

Wieder einmal kann Gerstengras punkten. Neben den bereits erwähnten Funktionen ist Gerstengras reich an Protein, welches bedeutsam für den Muskelaufbau ist. Obendrein stärkt es die Knochen und gibt dir Energie, weil dich die antioxidative Wirkung von freien Radikalen befreit.

 

Die heimische Johannisbeere, die, wie wir bereits wissen, einen hohen Gehalt an SPS aufweist, stützt das Herz-Kreislauf-System und die Regeneration. Dadurch kann sie sogar Muskelkater vorbeugen!

 

Zu guter Letzt rote Beete. Die dunkelrote Rübe ist bei Sportler und Sportlerinnen sehr beliebt. Und das zurecht! Der in ihr enthaltene Wirkstoff Nitrat, wird im Körper zu Stickstoffmonoxid umgewandelt. Ein Stoff, der Bluthochdruck verringert und die sportliche Leistung verbessern soll. Das ist noch nicht alles. Des Weiteren wird der Beete nachgesagt, Ausdauer und Sauerstoffaufnahme zu erhöhen. Die beste Wirkung wird erzielt, wenn rote Beete – in Form von Saft – etwa eineinhalb Stunden vor dem Training eingenommen wird. Probiere es doch einfach mal aus.

 

Diese Liste könnte mit unzähligen weiteren Lebensmitteln gefüllt werden. Um Muskeln aufzubauen, eignen sich proteinreiche Lebensmittel. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie als Superfood bekannt sind oder nicht. Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Fisch und Co können ebenfalls dein Freund sein, wenn Muskelvergrösserung dein Ziel ist.

 

Superfoods sind nicht notwendig für ein erfolgreiches Training, sie können dir jedoch in gewisser Weise einen Mehrwert bieten. Das können andere Lebensmittel allerdings auch.

 

Sicherlich kann es nicht schaden hin und wieder exotische Superfoods wie Avocados oder Acai-Beeren zu sich zu nehmen. Ungesund sind sie in jedem Fall nicht. Dennoch solltest du im Hinterkopf behalten, unter welchen Bedingungen die Pflanzen hergestellt werden. Aus nachhaltiger Sicht sollte man seinen Konsum von überseeischen Lebensmitteln einschränken. Der negative Effekt auf unsere Umwelt ist einfach zu gross.

 

Ausserdem solltest du dich fragen, ob Superfood seinen Preis wert ist, wenn es regionale Alternativen gibt, die die gleiche oder sogar eine bessere Wirkung haben. Dann freut sich nicht nur die Umwelt, sondern auch der Regionalbauer und dein Geldbeutel.

 

Du willst noch mehr rund um das Thema Ernährung wissen? Dann lies auch den Artikel Low Carb vs. High Carb.

 

 Autor: Mira Müller

 

Quellen:

https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/a-0549-9206

https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0043-117026

https://books.google.es/books?hl=de&lr=lang_de&id=Elc1CgAAQBAJ&oi=fnd&pg=PA8&dq=superfoods&ots=N4YeUyDkwo&sig=qoh_GkC_au_4Sk7cE_8sL_h-E2Y&redir_esc=y#v=onepage&q=superfoods&f=false

https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/sekundaere-pflanzenstoffe-und-ihre-wirkung/

https://www.gatwu.de/wp-content/uploads/2018/05/Forum_Arbeitslehre_20_WEB.pdf#page=42

https://books.google.es/books?hl=de&lr=&id=JmEZDgAAQBAJ&oi=fnd&pg=PT6&dq=Gerstengras+superfood&ots=8187F73WGj&sig=1c7tjMVXZMryp8HZDo5kWNtYxQ8&redir_esc=y#v=onepage&q=Gerstengras%20superfood&f=false

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Superfood-Was-bringt-das-226395.html

https://www.friedrich-verlag.de/geographie/oekologie/wassermangel-in-chile-durch-avocadoanbau/

https://www.chefkoch.de/rezepte/1956111318337764/Mockamole.html

https://www.veganblatt.com/superfoods-fuer-sport

https://www.fitforfun.de/gesunde-ernaehrung/naturdoping-die-zehn-besten-superfoods-fuer-sportler-431600.html

http://www.gesundheits-lexikon.com/Orthomolekulare-Medizin-Vitalstoff-Medizin/Oxidativer-Stress-Freie-Radikale/Was-sind-Freie-Radikale-.html