Die Geschichte der Fitness: Wie die Menschen vor 2000 Jahren trainierten

Muskulöser Mann aus dem alten Griechenland

Foto: Andrew Poplavsky

Griechenland, 480 v. Chr.: am Engpass der Thermopylen stehen sich 50‘000 Perser und 300 Spartaner gegenüber. Die Perser wollen Griechenland erobern, die Spartaner verteidigen den Engpass gegen eine unfassbare Übermacht. Xerxes, der König der Perser, schickt einen Späher aus, um die Kriegsvorbereitungen der Spartaner auszukundschaften. Doch der Späher bringt merkwürdige Nachrichten: nicht nur sind die spartanischen Krieger in spektakulärer Unterzahl, sie scheinen sich nicht wirklich auf einen Kampf vorzubereiten. Vielmehr schmücken sie ihr Haar und treiben sportliche Übungen.

 

Es mag für den modernen Mensch nicht seltsam scheinen, dass sich die Griechen mit Sportübungen auf den Kampf vorbereiteten. Doch im 5. Jahrhundert vor Christus waren Sportübungen nicht als Vorbereitung auf Kampfhandlungen gedacht. Sie dienten vielmehr einem ästhetischen Körperkult.

 

Und so lässt sich bereits in der Antike der Gedanke des heutigen Fitnesstrends finden. Fitness nicht als Mittel zum Zweck, sondern um der Fitness und der Schönheit willen. Was im heutigen Bodybuilding auf die Spitze getrieben wird, hat schon bei den Alten Ägyptern, Griechen und Römern seine Wurzeln.

Fitness in der Antike

Die Anfänge der Körperkultur liegen in der Antike. Nachweise für sportliche Aktivitäten lassen sich bis vor 5000 Jahren in Ägypten finden. Schon vor 4000 Jahren finden wir in Griechenland Quellen über gezieltes Muskel- und Krafttraining. Sportliche Spiele gipfelten im Alten Griechenland in den Olympischen Spielen, die in der Moderne wieder aufgegriffen und fortgeführt wurden. Das Römische Reich verdankte seine Grösse und Macht in grossen Teilen dem Militär. In römischen „Bootcamps“ wurden die Legionäre zu sportlichen Höchstleistungen gedrillt. Auch Ernährung war für die Menschen der Antike schon ein Thema.

Fitness im Alten Ägypten

Die ältesten Quellen der Welt zum Sport finden sich im Alten Ägypten. Sie führten zahlreiche Sportarten aus, manche wurden vorwiegend von der Oberschicht betrieben, andere auch vom gemeinen Volk. Es gab eine systematische Körper- und Fitness-Kultur, die gymnastische Schulung, Kampfsport und Wassersportarten umfasste.

 

Dabei wurden Fitness-Aktivitäten nicht zu Wettkampfzwecken ausgeführt. Es gab zwar durchaus Wettkämpfe, jedoch nur für ein ausgewähltes Publikum. Wetteifern im Sport war nicht der übergeordnete Zweck der Leibesertüchtigung.

 

Für Pharaonen hatte körperliche Fitness eine grosse Bedeutung. Sie diente als Aushängeschild, als Mittel zur Selbstdarstellung. Die physische Stärke eines Pharaos sollte auch seine politische Stärke ausdrücken. Pharaonen kamen im Alten Ägypten Göttern gleich, und so wollten sie auch aussehen.

 

Besonders in der 18. Dynastie, zu der Pharaonen wie Echnaton, Tutanchamun, Hatschepsut oder Nofretete gehörten, blühte eine Art Fitness-Kultur auf. Unter dem berühmten Kindkönig Tutanchamun und seinem Nachfolger Eje II. fanden sportliche Aktivitäten noch einmal einen Höhepunkt. Mit Ejes Nachfolger Haremhab endete jedoch die 18. Dynastie, und mit ihr auch die Glanzzeit des Körperkults.

 

Dass Fitness in der 18. Dynastie eine so grosse Bedeutung hatte, liegt in ihren Anfängen. In der 17. Dynastie, der vorherigen Dynastie, gelang es Feinden der Ägypter zum ersten Mal, grosse Teile des Nildeltas zu erobern und zu besetzen. Diese Feinde hatten einen entscheidenden Vorteil: die Streitwägen. Sie wurden von zwei Pferden gezogen und boten ganz neue militärische Möglichkeiten.

 

Dabei sind Darstellungen von Streitwägen aus dem Alten Ägypten nicht unbekannt. Das liegt daran, dass die Ägypter die Eindringlinge zurückschlugen und sich die Streitwägen selbst zu eigen machten. Sie wurden nicht nur zu einem Kriegsgerät, sondern auch zu einem königlichen Symbol. Die Kunst, Streitwägen zu lenken und von dort Pfeile zu schiessen, wurde zu einem Sport der Aristokratie.

 

Bogenschiessen auf eine Kupferscheibe wurde ebenfalls als Königsdisziplin betrachtet. Die Kupferscheibe zu durchschlagen, die drei Daumen breit war, symbolisierte die enorme Stärke des Pharaos. Normalsterbliche schossen auf Holzscheiben. Auch die Jagd war als Freizeitbeschäftigung ein Privileg der Oberschicht.

 

Die Menschen, die der adeligen Oberschicht nicht angehörten, praktizierten andere Sportarten. Dazu gehörten vor allem der Lauf, Kampfsportarten wie Ringen, Faustkampf oder Stockfechten, und Wassersport. Auch Sprungübungen wurden wohl praktiziert, dazu gibt es allerdings nur wenige Quellen.

 

Im Wasser wurde Fitness durch Schwimmen oder Rudern geschult, sehr beliebt war jedoch auch das Fischerstechen. Dabei befanden sich die gegnerischen Mannschaften je in einem Boot. Mit Speeren versuchten sie dann, die Gegner aus ihren Boot in Wasser zu stossen. Bis heute wird diese Sportart vor allem im Deutschland, Frankreich und der Schweiz praktiziert.

Fitness bei den Alten Griechen

Einer der berühmtesten griechischen Athleten war Milon von Kroton (um 555 v. Chr.). Er kann als einer der Vorzeigeathleten des Antiken Griechenlands gelten. Unter anderem war er professioneller Ringkämpfer, sein Trainer und Mentor war kein geringerer als der Mathematiker und Philosoph Pythagoras. Einer Legende nach stemmte er bereits als Jugendlicher ein Kalb, als Erwachsener soll er sogar eine ausgewachsene Kuh gestemmt haben. Diese Legende dürfte jedoch nichts weiter sein als eben das, da eine Kuh in der Regel mehr als eine halbe Tonne wiegt.

 

Dennoch ist Milon von Kroton bemerkenswert, da er bereits einen festen Trainings- und Ernährungsplan verfolgte und Ruhe- wie Belastungszeiten einhielt. Sein Mentor Pythagoras gilt als Wegbereiter des progressiven Muskeltrainings und der Superkompensationstheorie, auch wenn er eher als Mathematiker und Philosoph bekannt ist.

 

Viele griechische Gelehrte beschäftigten sich bereits mit dem, was wir unter Fitness verstehen: der systematische Zusammenhang zwischen Training, Ernährung, Psyche, Bewegung, Ruhe, Diätik und Medizin. Zu diesen Gelehrten zählten auch grosse Namen wie Herodikos, Epiktet oder Hippokrates. Die Einführung und die immer grösser werdende Bedeutung der Olympischen Spiele regten diese Entwicklung noch weiter an.

 

Die Leibeserziehung wurde vor allem in den Gymnasien professionalisiert. Wer heute ins Gym geht, betritt gewissermassen die Nachfolger der antiken Trainingsstätten. «Gymnasion» geht auf das griechische «gymnos» zurück, das so viel wie «nackt» bedeutet. Im Antiken Griechenland trainierte man auch nackt und trat sogar nackt in Wettkämpfen an. Bilddarstellungen der Sportwettkämpfe zeigen immer nackte Athleten.

 

Schon im Alten Testament wird der Bau und Besuch eines Gymnasions erwähnt. Allerdings eher im negativen Sinne, da dies als Verstoss gegen die jüdische Tradition bezeichnet wird. Die ersten Gymnasien gab es ab den 6. Jahrhundert vor Christus. Sie bestanden aus einer Bahn für Wettläufe, einem Platz für Ringkampf und andere Sportarten und einer freien Fläche für Wurfdisziplinen. Ausserdem gehörten Baracken zum Um- bzw. Ausziehen und Altäre dazu. Gymnasien aus Stein wurden erst 200 Jahre später errichtet.

 

Wie schon erwähnt dienten die sportlichen Übungen in dieser frühen Phase keinesfalls der Vorbereitung auf Kriege und Schlachten. Bis Ende des 5. Jahrhunderts vor Christus waren die Gymnasien überhaupt nur der Aristokratie zugänglich. Verschiedene Klageschriften aus der Zeit danach belegen, dass später auch die breite bürgerliche Masse Gymnasien bauen und nutzen durfte. Adelige mussten sich auf private Anlagen zurückziehen, was sie zu ihren Klagen veranlasste.

 

Auf Bilddarstellungen werden Athleten nicht nur nackt, sondern in ihrer ganzen körperlichen Muskelkraft dargestellt. Auch die bekannten griechischen Statuen zeigen immer gut gebaute, sportliche Menschen. Die Sportler in den Darstellungen sind oft eingeölt und begleitet von Flötenspielern und ihren «Trainern», die sich an duftenden Rosen erfreuen. Das zeigt deutlich, dass es mehr um Körperästhetik als um reine Sportlichkeit ging, was dem Gedanken des heutigen Bodybuildings erstaunlich nahe kommt.

 

Als die bürgerliche Mittelschicht die Gymnasien für sich eroberte, entstanden zwei Formen des griechischen Sports: die Athletik, die im zweckfreien, ästhetischen Kräftemessen der Aristokratie lag, und die Gymnastik, die als körperliches Fitness-Training im Gymnasion verstanden werden kann. Dabei übernahm die Gymnastik die Disziplinen der Athletik, diente im Gegensatz dazu aber dem Wettkampf und der Ausbildung von Soldaten.

Fitness im Antiken Rom

Die Ausbildung von Soldaten stand auch im Fokus des altrömischen «Fitness-Trends». Die Römer eroberten Griechenland im 2. Jahrhundert vor Christus. Obwohl die Fitness ihrer Soldaten auch schon vorher eine Rolle gespielt haben dürfte, übernahmen die Römer nach der Eroberung das Wissen der Griechen über Training und Ernährung. «Mens sana in corpore sano», in einem gesunden Körper lebt auch ein gesunder Geist, wie der römische Satiriker und Dichter Juvenal anmerkte, wurde in Rom wichtiger denn je.

 

Die römische Thermenkultur kann als Vorläufer heutiger Spas, Saunen und Dampfbäder gelten. Auch Ärzte und Anatomen wie Galenos von Pergamon (ca. 150 n. Chr.), der unter anderem die berühmte Vier-Säftelehre aufschrieb, beschäftigten sich mit der heilsamen Wirkung von Bewegung und Training auf die Gesundheit. Somit sind im Alten Rom bereits die Ursprünge eines gesundheitsorientierten Krafttrainings erkennbar.

 

In den römischen Arenen massen sich Gladiatoren, die gezielt trainiert wurden. Dabei kamen Geräte zum Einsatz, die heute noch in den Fitnessstudios zu finden sind: die Gladiatoren trainierten mit Kettle-Bells, Hanteln, Rundkugeln und dem eigenen Körpergewicht. Und nicht nur Männer trainierten im Alten Rom. Hanteln aus der Zeit um 300 n. Chr. und Mosaik-Darstellungen von Frauen belegen das Training weiblicher Athleten. Und auch Gladiatorinnen kämpften in den Arenen.

 

Legionäre wurden in Legionärsschulen gedrillt. Ob Liegestützensprünge, Hangeln, Tragen, Schleppen, Hindernisparcours oder Ausdauerläufe – die Legionäre mussten fit sein. Ihr Training erinnert fast schon an moderne NINJA-WARRIOR-Serien. Und auch damals konnte man schon «Personal Trainer» bezahlen.

Fitnessgeräte der Antike

Im Alten Griechenland sind viele verschiedene Fitnessgeräte belegt, wobei es vermutlich noch deutlich mehr gab als die, von denen wir heute wissen. Eine beliebte Sportdisziplin war der Waffenlauf. In seinen Anfängen lief man noch in voller Rüstung, nach und nach wurden jedoch immer mehr Teile abgelegt, bis nur noch der Schild übrig blieb. Auch Fackeln dienten als Sportgeräte im Laufsport. Der Fackellauf ist bis heute präsent, wenn das Olympische Feuer entzündet wird.

 

Eine Ballspielart wurde wohl mit einer Art Hockeyschläger ausgeführt. Als Schläger fungierten gekrümmte Stöcke. Andere Sportutensilien waren Bälle, Seile, natürliche Hindernisse oder Sporthilfsgeräte. Ein Gymnastikgerät, das dem heutigen «Pferd» ähnlich ist, soll den Griechen für Aufschwünge und Sprünge gedient haben. Allerdings nutzten die Griechen kein Pferd, sondern angeblich lebendige Stiere. Da die Stiere sehr beweglich und gefährlich waren, ist jedoch höchst umstritten, dass sich die Alten Griechen tatsächlich auf lebendige Stiere geschwungen haben.

 

Die Römer hingegen praktizierten durchaus einen ähnlichen Sport mit Pferden. Sie schwangen sich auf, sprangen hinauf, darüber oder herunter und vollführten viele andere Kunststücke. Auch Wagenrennen waren im Antiken Rom hochbeliebt. Im römischen Heeresturnen sind künstliche Pferde als Sportgeräte, wie wir sie im Turnen auch heute noch kennen, ebenfalls belegt. Dort dienten sie Übungen wie Aufschwingen, Fechterflanken und Sprüngen mit oder ohne Belastung.

 

Auch das sogenannte Petauron ist belegt, jedoch wurde nie ein Exemplar gefunden. Deshalb ist nicht ganz klar, wie es tatsächlich aussah und benutzt wurde. Sicher ist jedoch, dass es als Federschwungbrett für Hochsprünge diente. Die Sprünge konnten mit allerlei gymnastischen Übungen verbunden werden. Am ehesten ähnelte diese Sportart möglicherweise dem modernen Trampolinspringen.

Fitness und Sport im Mittelalter

Im Mittelalter übte sich die breite Masse der Bevölkerung nicht mehr in der Leibesertüchtigung. Sport und Fitness zu fördern war in erster Linie der Oberschicht vorbehalten. Möglicherweise verschwand der Kult um den gestählten Körper unter anderem auch deshalb, weil im Römischen Reich seinerzeit oft Christen zu Gladiatorenkämpfen gezwungen worden waren. Nachdem das Römische Reich zerfiel, begann in Europa das Zeitalter des Christentums und die Gladiatorenschulen verschwanden.

 

In der mittelalterlichen Oberschicht übten sich besonders Ritter und Soldaten im Sport. Das war auch nötig, denn die Rüstungen, die sie trugen, wogen bis zu 25 Kilo. Sie trainierten aber nicht nur für eine starke physische Erscheinung, sondern in Vorbereitung auf Schlachten und Turniere, in denen sie sich massen und auf echte Kämpfe vorbereiteten.

 

Im Turniersport waren beliebte Disziplinen der Tjost, der aus vielen Filmen bekannt ist, aber auch der Schwert- oder Gruppenkampf zu Pferd. Auch Reiten mussten die Ritter, in schwerer Rüstung und mit Schild und Waffe. Söldner aus niederen Bevölkerungsschichten übten sich ebenfalls im Umgang mit Waffen, im späteren Mittelalter zunehmend auch im Bogen- und Langbogenschiessen.

 

Insgesamt ging der Körperkult im Mittelalter jedoch zurück und verlor an Bedeutung. Erst in der Renaissance erfuhr die körperliche Fitness eine Wiedergeburt, und die Ursprünge des modernen Fitness- und Bodybuildingtrends wurden erkennbar. Darüber kannst du in Teil 2 unserer Reihe weiterlesen.

 

 Autor: Nina Schäfer

 

Quellen:

Behringer, W. Kulturgeschichte des Sports: vom antiken Olympia bis zur Gegenwart. München: C. H. Beck Verlag, 2012.

Bielzer, L. «Historische Entwicklung von Sport- und Veranstaltungsimmobilien. » In L. Bielzer & R. Wadsack (Hrsg.), Betrieb von Sport- und Veranstaltungsimmobilien, Managementherausforderungen und Handlungsoptionen (Blickpunkt Sportmanagement, Bd. 3, 1. Aufl., S. 11-33). Frankfurt am Main: Peter Lang, 2011.

Decker, Wolfgang, und Michael Herb. Bildatlas zum Sport im Alten Ägypten: Corpus der bildlichen Quellen zu Leibesübungen, Spiel, Jagd, Tanz & verwandten Themen. Band 1, Brill, Leiden 1994.

Decker, Wolfgang. Sport am Nil. Texte aus drei Jahrtausenden ägyptischer Geschichte. Arete Verlag, Göttingen 2012.

Decker, Wolfgang. Sport und Spiel im Alten Ägypten. Beck, München 1987.

Lukas, Gerhard. Die Körperkulturen in frühen Epochen der Menschheitsentwicklung. Sportverlag Berlin, 1969.

Pauls, J. Das große Buch vom Krafttraining. München: Stiebner Verlag, 2015.

Weiler, Ingomar. «Gymnastik und Agonistik im hellenistischen Gymnasion. » In D. Kah & P. Scholz (Hrsg.). Das hellenistische Gymnasion (S. 25-46). Berlin: Akademie Verlag, 2004.

Weiler, Ingomar. Der Sport bei den Völkern der Alten Welt. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988.