JAN MATIASKA: Europa- und Weltmeister im Functional Fitness über Training, Ernährung und Ziele

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Foto: Eric Wittkopf

Functional Fitness ist ein Sport, der verschiedene Parameter der Fitness testet. Fitness wird definiert durch 10 körperliche Fähigkeiten: Kardiovaskuläre Ausdauer, Durchhaltevermögen, Kraft, Beweglichkeit, Leistung, Geschwindigkeit, Koordination, Geschicklichkeit, Genauigkeit und Gleichgewicht. Ziel dieses Sports ist es, alle diese Fähigkeiten ausgeglichen zu testen und somit den fittesten Athleten zu finden.

 

MyWorkout: Hallo Jan. Vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst für ein Interview. Du bist seit dem Sommer 2022 Europa- und Weltmeister im Functional Fitness. Nochmals herzliche Gratulation! Wie alt bist du und woher kommst du?

 

Jan Matiaska: Erst einmal vielen Dank, Mark, dass ich mich mit dir über meine sportliche Karriere unterhalten darf. Um deine Frage kurz und knapp zu beantworten: Ich bin 28 Jahre alt und komme aus dem Kanton Schwyz in der Schweiz.

 

Was macht dich als Person aus und wie verdienst du dein Geld?

 

Ich bin professioneller Athlet, das heisst, ich verbringe die meiste Zeit mit Trainieren und nutze Instagram als Marketing-Plattform für mich und meine Sponsoren. Nebenbei arbeite ich als Coach und Teilzeit bei einer Schweizer Supplementfirma.

 

Wie kamst du eigentlich zum Sport und dann zum Functional Fitness?

 

Sportbegeistert war ich schon von klein auf. Ich habe in meiner Jugend lange Tennis gespielt, aber auch andere Sportarten wie Leichtathletik, Handball oder Baseball ausprobiert. Bevor ich mit Functional Fitness startete, war meine Hauptsportart American Football, wo ich auch Teil des Schweizer Nationalteams war.

 

Vor rund 5 Jahren sass ich in der Universität neben Lukas Esslinger, dem damals «Fittest Man in Switzerland», und wurde durch ihn auf den Sport aufmerksam. Ich ging dann in ein Functional Fitness Studio und war beindruckt, wie facettenreich die Fitness der Top-Athleten war. Es gab viele Übungen, die ich noch nie zuvor gemacht hatte und Trainingsarten, die für mich Neuland waren.

 

Schnell lernte ich viele neue Übungen und ich konnte mich in verschiedenen Aspekten der Fitness verbessern. Das motivierte mich weiterzumachen.

 

Du bist Europameister im Functional Fitness. Wann fand die EM statt und was musstest du tun, um diesen Titel zu gewinnen?

 

Die Europameisterschaft fand im Juli 2022 im Süden Italiens statt. Das Wettkampfgelände war draussen aufgebaut, sodass wir an der sengenden Sonne bei 36 Grad unsere Tests absolvieren durften (lacht).

 

Wir wurden über 6 verschiedene Kategorien getestet mit dem Ziel, über alle 6 Tests möglichst gut zu sein. Mit jedem Test werden Punkte gesammelt und am Schluss gewinnt, wer über alle Tests die Höchstzahl erreicht hat.

 

Was braucht es mental, um bei so einem Wettbewerb mitzumachen?

 

Für den Sport braucht es auf jeden Fall eine hohe Schmerztoleranz, denn in vielen Tests geht es darum, den eigenen Körper an die Limite zu treiben. Bei einigen Tests ist es wichtig, sich nur auf sich selbst und seine eigenen Grenzen zu konzentrieren und sich nicht von den Konkurrenten beeinflussen zu lassen.

 

Andererseits kann es auch von Vorteil sein, sich vom Tempo anderer Athleten pushen zu lassen und zu versuchen, über die eigenen Erwartungen hinauszuwachsen. Diese Entscheidung ist oft eine Gratwanderung. Wenn man sich zu früh in die «rote Zone» begibt, riskiert man gegen Ende des Tests, keine Energie mehr zu haben und lange Pausen einlegen zu müssen.

 

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Was bedeutet für dich Wettkampf und warum willst du dich mit anderen Functional-Athleten messen?

 

Ich bin von Natur aus sehr kompetitiv. Besonders aber wollte ich im Sport schon immer der Beste sein, egal in welcher Sportart. In der Schule gab es für mich Ende Jahr nichts Wichtigeres als die Bestnote im Sport. Ich kann mich erinnern, dass ich meine Mutter einst zum Elterngespräch mit dem Turnlehrer geschickt habe, da ich frustriert war, weil ich einmal keine Bestnote hatte (lacht). Der Sport Functional Fitness gibt mir die Möglichkeit, mich in allen Bereichen der Fitness mit anderen Athleten zu messen. Also eigentlich genau das, was ich schon immer wollte – in verschiedenen Bereichen des Sports zu den Besten gehören.

 

Wie lange betreibst du schon funktionelles Training und wann war dein erster Wettkampf?

 

Functional Fitness mache ich seit 2018. Im selben Jahr habe ich auch bereits meine ersten Wettkämpfe bestritten. Einer der vielen Vorteile von Functional Fitness ist, dass es Wettkämpfe für jedes Niveau gibt, so konnte ich schon früh den Einstieg finden.

 

Was genau reizt dich an dieser Sportart?

 

Beim Functional Fitness begeistert mich besonders der polysportive Aspekt und die grosse Abwechslung im Training und Wettkampf. Jedes meiner Trainings ist immer wieder eine neue Herausforderung und es gibt stets Aspekte der Fitness, die man weiter verbessern kann. Die Leistung eines Athleten ist eindeutig messbar anhand der Zeit, des Gewichts oder der Anzahl Wiederholungen (je nach Test). Das bedeutet, dass jeder Athlet sein Resultat direkt beeinflussen kann und nicht von einer subjektiven Meinung abhängig ist.

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Welche Vorteile bietet ein Functional Fitness Workout gegenüber anderen Sport- und Trainingsarten?

 

Functional Fitness ist nicht nur ein Sport, sondern eben auch eine Trainingsform, die für jeden geeignet ist. Egal ob Olympia-Athlet oder Couch-Potato. Die Workouts sind auf jedes Level anpassbar und man kann somit auch in Gruppen zusammen trainieren. Ein grosser Vorteil ist, dass man auch sehr zeiteffizient trainieren kann. Die meisten Trainierenden können bereits schon mit 3 bis 5 Trainingseinheiten à 60 Minuten pro Woche Fortschritte machen und spürbar fitter werden. Ein funktionelles Fitness-Training ist ebenso die perfekte Basis für diverse andere Sportarten. Meiner Meinung nach kann jeder Sportler von einem sportartspezifischen funktionellen Fitnesstraining profitieren.

 

Sieht man dich an, dann würde man nicht darauf schliessen, dass Functional Fitness tatsächlich für jeden machbar ist. Wie sieht ein Functional Fitness Training für Anfänger aus?

 

Genau. Meiner Meinung nach ist Functional Fitness für (fast) jeden geeignet. Wichtig ist es jedoch, dass wir unterscheiden zwischen Wettkampfsport und Breitensport. Im Gegensatz zum Wettkampfsport sollte im Breitensport besonders zu Beginn die Intensität nicht im Vordergrund stehen. Mir wird diese Frage oft gestellt und ich antworte gerne mit einem Beispiel, nämlich meiner Mama (schmunzelt): Meine Mama ist während des Lockdowns auf mich zugekommen, da sie wieder anfangen wollte, sich sportlich zu betätigen. Ich habe ihr einige Grundübungen aus dem Functional Fitness gezeigt und ihr ein sehr «einfaches» Trainingsprogramm für zu Hause geschrieben. Es waren vor allem Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, um die richtigen Bewegungsmuster ohne zusätzliches Gewicht zu üben und zu festigen.

 

Ein Workout war zum Beispiel:

 

TABATA: 8x 20 Sekunden «work», 10 Sekunden «pause»

Alterniere zwischen:

1) Airsquats

2) Ring Rows (mit TRX zu Hause)

 

Nach einer Weile haben wir komplexere Übungen zusammen in gemeinsamen Trainings erarbeitet und intensivere Workouts integriert. Mittlerweile trainiert meine Mama regelmässig in Functional Fitness Klassen, hat an einem meiner Olympic Weightlifting Seminare teilgenommen und sogar ihren ersten Wettkampf in der Kategorie «Anfänger» bestritten.

 

Wie sieht deine persönliche Trainingsroutine aus?

 

Ich trainiere 11-mal pro Woche. Das bedeutet, 5-mal pro Woche jeweils 2-mal pro Tag (ca. 2-2.5 h pro Training). Trainiert werden vor allem die Übungen, die am Wettkampf vorkommen. Donnerstag ist ein aktiver Erholungstag, da mache ich meist eine längere lockere Ausdauereinheit. Der Sonntag ist mein Erholungstag.

 

Auf was legst du beim Training besonderen Fokus?

 

Ich habe eine klare Trainingsstruktur, das heisst ich beginne mein erstes Training jeweils um 9:00 Uhr und mein zweites um 13:30 Uhr. Das gibt mir die Möglichkeit, alles andere rund um meine Trainings zu planen und während der Trainingszeit fokussiert zu trainieren. Um während des Trainings nicht abgelenkt zu werden, ist mein Handy während dieser Zeit immer im Flugmodus.

 

Wie ernährst du dich und welche Lebensmittel stehen bei dir besonders häufig auf dem Speiseplan?

 

Ich ernähre mich ausgewogen und gesund, folge jedoch keinem strikten Ernährungsplan. Ich esse ganz «normal» Frühstück (sieh nebenan), mittags- und abends, bloss etwas grössere Portionen. Was in meiner Ernährung selten zu finden ist, sind hochverarbeitete Lebensmittel.

 

Beim Mittagsmenu achte ich darauf, dass nicht zu viel Fett enthalten ist, da ich vor der nächsten Trainingseinheit nur begrenzte Zeit zum Verdauen habe. Zudem esse und trinke ich rund um meine Trainings noch zusätzliche Kohlenhydrate, damit ich während des Trainings genügend Energie habe und mich danach optimal erholen kann.

 

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Bei deinem intensiven Training braucht es auch Ruhe und Regeneration. Wie entspannst du dich?

 

Das Wichtigste für eine optimale Erholung ist genügend Schlaf und ein konstanter Schlafrhythmus. Ich gehe regelmässig um 22:00 Uhr ins Bett (auch am Wochenende) und schlafe ca. 9 Stunden im Schnitt. Um die Regeneration weiter zu unterstützen, gehe ich gewohnheitsmässig in die Massage und in die Sauna.

 

Was möchtest du den Lesern mit auf den Weg geben?

 

Bleibt aktiv! Egal ob jung oder alt. Egal ob Functional Fitness, Fussball oder körperliche Arbeit im Garten. Findet etwas, das euch Freude macht und bleibt regelmässig in Bewegung.

 

 

Lies auch den Artikel über Functional Fitness – So funktioniert es richtig!