Jean Pierre Fux – Das letzte Monster – Aus dem Leben einer Legende

Jean Pierre Fux, das letzte Monster des Bodybuildings

Bild: Hans Hadorn

Aus dem Leben einer Legende

Es ist schon etwas her, als 1997 über den Ägypter Nasser el Sonbaty, den Kanadier Greg Kovacs und den Schweizer Jean Pierre Fux berichtet wurde. Alle drei gehörten zu den weltbesten Bodybuildern und standen in der Szene hoch im Kurs. Manche nannten sie Monster. So hiess auch der Artikel damals, den «Die Welt» veröffentlichte: «Man nennt sie Monster.»

Nasser und Greg sind inzwischen verstorben, während Jean Pierre Fux heute als lebende Legende des Bodybuildings gilt. Kein Wunder, denn er war einer der massivsten Bodybuilder, die jemals auf der Bühne standen. Er wurde als neuer Mr. Olympia gehandelt und hat sich definitiv einen Namen gemacht.

Bevor Jean Pierre mit dem Bodybuilding begann, hat er zahlreiche andere Sportarten ausprobiert: Fussball, Skifahren, Kunstturnen, Fahrradfahren, Hockey sowie einige weitere. Bereits im zarten Alter von acht Jahren war ihm klar, dass er eines Tages Profisportler werden will. Deswegen hielt er sich nicht lange mit Sportarten auf, von denen er wusste, dass er nie richtig gut darin werden würde.

Eines Tages im Freibad sah er dann den Bademeister. Ein wahres Muskelpaket. Jean Pierre war fasziniert von diesem Körper. Im gleichen Augenblick wurde ihm klar: So will ich auch einmal aussehen!
Ohne Erfolg, versuchte er sich in einem Fitnessstudio anzumelden. Er war erst 13 Jahre alt. Die Mitgliedschaft wurde ihm überall verweigert. Erst 1984 im Alter von 15 Jahren bekam er sie endlich und konnte mit dem Training beginnen. Es sollte der Beginn einer Bodybuilding-Legende werden.

1988 holte er sich den 4. Platz am Cup von Rheinfelden in der Schweiz, 1989 den Titel an der Swiss Junior Heavyweight Meisterschaft. 1994 wurde er IFBB World Champion & Gesamtsieger. Von 1996 bis 2001 konnte Jean Pierre viele weitere Erfolge verbuchen. Er nahm unter anderem an den Arnold Classics, dem Joe Weider Pro World, der Night of Champions und insgesamt viermal am Mr. Olympia teil.

Um eine Vorstellung von Jean Pierres Workouts und seiner Leistung zu bekommen, wollen wir euch ein paar Zahlen zu seinen Trainingsgewichten nicht vorenthalten. Es sei jedoch gesagt, dass es beim Bodybuilding nicht um hohe Gewichte geht. Jean Pierre legte darauf keinen Wert und trotzdem waren seine Werte beeindruckend; Beinpresse absolvierte er mit einer Tonne und 15 Wiederholungen, 300kg Kniebeuge mit acht Wiederholungen, 340kg Kreuzheben mit vier Wiederholungen oder beidhändiges Kurzhantel-Trizepsstrecken hinter dem Kopf mit 90kg und 38 Wiederholungen.

Die Karriere dieser Legende und Massemonsters endete 2003 in einem tragischen Unfall während eines Fotoshootings für das Flex-Magazin. Es war einer der Schwersten in der Geschichte des Bodybuildings.

Heute lebt er mit seiner Frau noch immer in den USA, wo er bereits 1999 zu Beginn seiner Karriere hinzog. Sie führen gemeinsam ein Katzenheim, welches derzeit 25 junge oder verletzte Katzen beherbergt.

Dem Sport ist er als Online-Coach treu geblieben. Dreimal pro Woche trifft er sich persönlich mit seinen Kunden. Seine Klienten sind hauptsächlich Männer ab ca. 40 Jahren, Geschäftsleute, Wettkämpfer, aber auch ganz normale Leute, die ihre Gesundheit und ihren Fitness-Level verbessern wollen. Jean Pierre trainiert dabei immer nach neusten Erkenntnissen. Das Motto: «Health first». Also zuerst die Gesundheit, dann die Leistung.

Wir haben mit ihm persönlich gesprochen und wollten wissen, wie er zu seiner Karriere und seinem Leben steht und ob er es nochmals genauso machen würde.

MyWorkout: Hallo Jean Pierre. Schön, dass du dir die Zeit genommen hast für ein Interview. War es je dein Traum Bodybuilder zu werden?

Ja, absolut! Ich wollte nie etwas anderes. Schon nach dem ersten Training wusste ich – das ist es. Ich will Weltmeister im Bodybuilding werden. Schon nach sechs Monaten Training bestritt ich meinen ersten Wettkampf. So eifrig war ich. Dies stellte sich allerdings als viel zu früh heraus, ich wurde letzter.

Was war für dich persönlich der Höhepunkt deiner Karriere bzw. deine grösste Errungenschaft?

Von den Wettkämpfen, war es 1994 die IFBB Weltmeisterschaft in Schanghai (China) wo ich Gesamtsieger wurde. Auch die damalige Europa-Tour war aufregend. Ich gehörte zu den besten Bodybuildern der Welt. Aber darauf bin ich nicht stolz. Die Wettkämpfe bedeuten mir heute nicht mehr viel. Wirklich stolz bin ich darauf, so einen Körper aufgebaut zu haben. Ich war ein Massemonster mit 140kg und hatte dabei ein Sixpack. Nur wenige haben das erreicht. Ich war einer der massivsten Athleten, die es je gab. Dieses Bild habe ich in der Szene hinterlassen. Das macht mich stolzer als jeder gewonnene Wettkampf.

Wie sahen deine üblichen Trainingseinheiten aus und wievielmal pro Woche hast du trainiert?

In der Regel habe ich viermal die Woche ca. 45 Minuten trainiert.

Das kann man kaum glauben. So einen Körper aufzubauen mit solch kurzen Workouts. Wie ist das möglich?

In den 1960er Jahren war es bei den Profis üblich, ca. acht Stunden am Tag zu trainieren. So viel wie ein Tag Arbeitsstunden hatte. Später kamen neue Philosophien und Trainingsmethoden wie das Pyramidensystem und für viele verkürzten sich die Trainingseinheiten auf ein bis zwei Stunden pro Tag. Man hatte trotzdem Erfolg, denn zu viel Training kann kontraproduktiv sein.
Ich hatte festgestellt, dass ich mich erst beim vierten und letzten Satz richtig verausgabte, und so trieb ich das Ganze für mich persönlich noch ein Stück weiter. Schlussendlich sollte es ein 1-Satz Hit-Training à viermal 45 Minuten die Woche sein. Es hat funktioniert.

Was ist deiner Meinung nach, das Allerwichtigste für den Erfolg im Bodybuilding?

Glücklich sein. Schau, so viele Athleten sind nicht zufrieden mit dem Leben, das sie führen, obwohl es ihr Traum war Bodybuilder zu werden. Du musst auf vieles verzichten, kannst nicht normal essen und verbringst viel Zeit mit Training.
Ronny Coleman, einer der grössten Champions aller Zeiten, ist ein super Beispiel. Er war immer glücklich. Das hat ihn meiner Meinung nach zum Champion gemacht. Wer aggressiv ist und Menschen schlecht behandelt, wird keinen Erfolg haben. Ich wurde nicht Mr. Olympia, weil ich nicht glücklich genug war. Pokale bringen dir nichts. Du musst der Welt etwas zurückgeben können, nur so wird man glücklich.

Was ist damals wirklich passiert an dem Tag des Unfalls? Hast du einen Fehler gemacht oder war es einfach nicht dein Tag?

Es war wirklich nicht mein Tag. Nicht wegen des Unfalls, aber ich fühlte mich schon besser. Das Fotoshooting für die Flex war eigentlich schon zu Ende und mein Körper abgekühlt, als der Fotograf mich bat, noch einmal zwei, drei Kniebeugen zu machen. Für meine Fans benutzte ich nur richtige Gewichte und arbeitete niemals mit Fake-Plates. Schon als ich die 300kg aus der Verankerung hob, fühlten diese sich unglaublich schwer an, viel schwerer als sonst. Fast so als ob eine dunkle Kraft mich herunterziehen würde. Ich ging in die Knie, bei der 90-Grad-Position geschah es dann; der linke Quadrizeps riss oberhalb der Kniescheibe ab. Daraufhin verlagerte sich das ganze Gewicht, so riss auch der rechte Oberschenkelmuskel. Unter Schmerzen ging ich zu Boden.

Welche Konsequenzen hatte der Unfall für dich und was bedeutete dies für deine Karriere? Wusstest du damals schon, dass es das Ende sein würde?

Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert war und dies das Ende meiner Bodybuilding-Karriere sein würde. Das klingt jetzt komisch, aber ich empfand ein Glücksgefühl. Nach über 15 Jahren war es wie eine Erleichterung. Der ganze Druck war von mir gegangen. Ich war tatsächlich nur glücklich, trotz der Schmerzen. Die zwei Monate im Spital waren eine meiner besten Zeiten. Heute weiss ich, dass der Unfall sogar mein Leben gerettet hat. Ich bin dankbar dafür.

Welche Ziele hast du noch? Gibt es Dinge, die du erreichen willst?

Ich möchte meine Gesundheit erhalten und baue auf finanzielle Sicherheit, vor allem aber will ich anderen Menschen helfen und meine Erfahrung weitergeben.

Wenn du noch einmal von vorne anfangen könntest, würdest du es genauso machen oder gibt es Dinge, die du bereust?

Wenn ich nochmals zurückgehen könnte, würde ich wahrscheinlich Anwalt werden. Kriminalfälle interessieren mich. Richter wäre noch besser, das wäre fast wie Gott zu spielen (lacht). Aber ich bereue nichts. Ich habe das getan und erreicht, was ich wollte. Ich bin zufrieden mit meinem Leben und dem Weg, den ich gegangen bin.

Was war die wichtigste Lektion deines Lebens und was möchtest du jungen Menschen mitgeben?

Das Wichtigste ist, immer wieder aufzustehen und weiterzukämpfen. Gib niemals auf, was auch passiert! Das Leben ist toll. Wenn du hinfällst, steh auf und versuch es noch mal.

Jeder Mensch, der dir begegnet, soll sich nach deinem Kontakt etwas besser fühlen. Versuche immer einen Mehrwert zu geben.

Fokussiere dich auf das «Jetzt», nicht auf morgen. Geniesse den Moment und jeden Tag. Nimm niemals mehr als du gibst und sei nicht arrogant, nur weil du glaubst, den dicksten Arm zu haben. Respektiere andere Menschen und behandle sie gut, so wie du es dir selbst auch wünschst, behandelt zu werden.

Vielen Dank für das spannende Interview.

Danke ebenfalls. Es hat mir grosse Freude bereitet.

 

Besuche Jean Pierre Fux online: www.jeanpierrefux.com oder folge ihm auf Instagram jpfux511. Er freut sich über jede Anfrage und beantwortet diese gerne persönlich.
https://www.instagram.com/jpfux511/