Frank Zane «The Chemist» Eine Legende im Interview

geführt von Mark Dickenmann / Übersetzt aus dem Amerikanischen
Frank Zane gebräunt und oberkörperfrei

Foto: John Balic

Millionen von Menschen auf der ganzen Welt haben von seinen Trainingsprogrammen, Seminaren, Büchern, Videos und Ernährungs-Ratschlägen profitiert. Er hat alle wichtigen Titel des Bodybuildings gewonnen, wurde ausgezeichnet als einer der «Top 10 Legends of Bodybuilding» und als «The Best Physique of All Time». Er ist sowohl in der Bodybuilding- als auch in der Muscle Beach Hall of Fame verewigt. – Die Rede ist von Frank Zane, Jahrgang 1942. Der studierte Pädagoge unterrichtete jahrelang Mathematik und Chemie und ist auch führender Experte für aktives Altern.

 

Mark: Frank – unter den Bodybuilder-Fans bist du bestens bekannt. Für diejenigen, die dich noch nicht kennen, erzähl bitte kurz, wer du bist und was deine grössten Erfolge waren.

 

Frank Zane: Ich habe während mehr als 60 Jahren trainiert und alle grossen Bodybuilding-Titel gewonnen, zum Beispiel Mr. America, Mister World, je dreimal Mr. Universe und Mr. Olympia. Nun bin ich fast 80 Jahre alt und arbeite noch immer mit Sportlern zusammen, helfe ihnen beim Krafttraining mit Gewichten in meinem Fitnessstudio «Frank Zane Experience» in der Stadt La Mesa im US-Bundesstaat Kalifornien, nahe von San Diego.

 

Viele Leute wissen vielleicht nicht, dass du nebst Bodybuilder und Titelgewinner auch noch Lehrer, Chemiker und Psychologe bist. Wie kamst du zu so vielen Berufen?

 

Ich war 13 Jahre lang Lehrer an öffentlichen Schulen in New Jersey und Los Angeles. Ich lehrte hauptsächlich Mathematik. Auf dem Weg dorthin ging ich selbst zur Schule und bekam meine Zulassung als Lehrer in Psychologie. Dieses Fach unterrichte ich noch immer. Während ich Lehrer war, habe ich viele Ausbildungen und Kurse absolviert. Später legte ich meinen Fokus ausschliesslich auf das Bodybuilding, worüber ich schon viel geschrieben und veröffentlicht habe. Ich lehre Menschen, wie Krafttraining mit Gewichten funktioniert.

 

Wie sahen deine Trainings in den 1960er-Jahren aus und wie trainierst du heute?

 

Als ich an den Wettkämpfen teilnahm, habe ich oft zweimal am Tag trainiert. Heute trainiere ich nur noch an 3 bis 5 Tagen die Woche. Ich folge der 3er-Split-Routine: Am ersten Tag die Anziehmuskeln (Pulling Muscles), also Rücken, Bizeps und Unterarme: 2 bis 3 Sets von jeder Übung, 8 bis 12 Wiederholungen. Am zweiten Tag die Beine. Konkret: Die Oberschenkel und die Waden. Die Bauchmuskeln trainiere ich täglich, meistens 300 bis 500 Wiederholungen insgesamt. Am dritten Tag mache ich Drückübungen (Pushing Muscles). Brust, Schultern und Trizeps.

Dieser Routine folge ich schon seit einiger Zeit. Mir ist wichtig, dass ich in Form bleibe. Dabei gehe ich auch täglich mit meiner Frau und meinem Hund spazieren. Ich bin immer aktiv.

 

Was war deine beste und liebste Trainingsmethode mit den besten Ergebnissen?

 

Ich mag Single-Sets. Mein fortwährendes Ziel ist es, in jedem Set einen guten «Pump» zu bekommen. Üblicherweise wähle ich das Gewicht so, dass ich diesen Pump bei der 8. Wiederholung im Muskel spüre. Das ist das Wesentliche, was ich mache. Und ich stretche immer zwischen den Sets. Ich denke, das ist sehr wichtig, denn es verlängert das Set, womit ich noch mehr aus ihm herausholen kann.

 

Du hast also keine spezielle Methode. – Was kannst du uns raten?

 

Das ist und war schon immer meine spezielle Methode. Manchmal mache ich auch 2er-Splits, wo ich den Oberkörper in einem Workout trainiere und die Beine an einem anderen. Das hängt immer von meinen Zielen ab und wie viel Zeit ich habe. Mein heutiges Ziel mit fast 80 Jahren ist bescheiden: Ein paar Workouts in der Woche. Bei meinen Trainings möchte ich nur einen guten «Pump» und Blut in meine Muskeln bekommen.

 

Was waren deine maximalen Gewichte, die du gestemmt hast?

 

Jeder weiss, dass es beim Bodybuilding nicht um maximale Gewichte geht. Deshalb habe ich nie dafür trainiert, um eine Wiederholung mit maximalem Gewicht machen zu können. Um ein paar meiner Kraftleistungen zu nennen: z.B. 11 Wiederholungen mit 300 Pfund (136 kg) im Bankdrücken (Bench press). An einem Powerlifting-Wettbewerb hob ich beim Kreuzheben (Deadlift) 425 Pfund (193 kg). Bei den Kniebeugen (Squats) war ich immer recht gut, da hatte ich 10 Wiederholungen mit 405 Pfund (184 kg).

Bei jedem Set erhöhte ich das Gewicht. Ein Beispiel: Wenn das erste Set 12 Wiederholungen ausmachte, dann erhöhte ich das Gewicht und schaffte beim zweiten Set noch 10. Dann erhöhte ich wieder und schaffte beim dritten Set vielleicht noch 8 Wiederholungen. Falls ich noch ein viertes Set machte, erhöhte ich das Gewicht nochmals und kam auf etwa 6 Wiederholungen. Aber ich hatte da nie spezielle Vorgaben. Ich trainierte immer nach meinem Gefühl.

 

Hattest du gar keine Ziele in Bezug auf das Trainingsgewicht?

 

Doch, in gewisser Weise schon. Es ging mir aber immer um das letzte Set. Ich hatte ein Notizbuch, in das ich die Wiederholungen und das Gewicht eintrug. Wenn ich es steigern konnte, dann setzte ich mir zur Belohnung einen Stern. In jedem Training versuchte ich, zwei oder drei Sterne zu erreichen.

 

Wie hat sich das Bodybuilding in deinen Augen in den letzten 50 Jahren verändert?

 

Ich bin weit weg vom früheren Wettkampftraining. Ich kann darüber nicht urteilen. Ich sehe nur, was ich auf Instagram verfolgen kann. Die Leute trainieren wirklich hart und sie tun das, was sie für richtig halten. Aber ich denke, heute geht es hauptsächlich nur noch um «Je grösser, desto besser». Wer ist der Grösste? Es macht für mich den Eindruck, als wäre das die Evolution des Sports. Ich aber bin der Meinung, mehr Qualität statt nur Masse gehörte ins Training. Es wäre gut, wenn die Bodybuilder sich auf natürliche Weise, d.h. ohne irgendwelche Medikamente, Muskeln aufbauen würden. Leider muss heute unter einem enormen Druck alles schnell gehen. Dabei gilt: Je länger man für den Muskelaufbau braucht, desto nachhaltiger ist er. Ich wünschte mir mehr Wettbewerb unter den Athleten, die ohne chemische oder synthetische Unterstützung erfolgreich sind. Dazu bräuchte es aber mehr Doping-Tests.

 

Was rätst du Personen, die schon älter sind oder werden, aber immer noch hart trainieren wollen?

 

Das hängt ganz von den Zielen ab. Ich vergleiche mich nicht mehr mit anderen. Mein letzter Wettkampf fand statt, als ich 41 Jahre alt war. Daher kann ich nur sagen, was ich tue. So liegt mir noch viel daran, dass ich intensive Workouts absolvieren kann. Ich gehe an meine Leistungsgrenze und trainiere immer so hart, dass ich am nächsten Tag etwas Muskelkater verspüre. Ich stähle mich allerdings nicht mehr derart unverhohlen, dass ich anderntags wegen der starken Muskelschmerzen nicht mehr die alltäglichen Dinge verrichten kann. Natürlich gehe ich täglich spazieren und ein weiteres Hobby ist das Bogenschiessen.

 

Frank Zane mit Hund auf dem Arm

Foto: Christine Zane

 

Was waren damals deine Lieblingsübungen?

 

Ich hatte eigentlich keine Lieblingsübung. Allerdings war ich sehr gut in Kniebeugen. Mit meinem Trainingspartner hatte ich immer kleine Wettkämpfe, wer mit welchem Gewicht mehr Wiederholungen schafft. Da war ich oft besser, obwohl dieser Mitkämpfer knapp 25 Kilogramm schwerer war als ich.

 

Gibt es Übungen, die du nicht mehr machen kannst?

 

Ich mache keine verrückten Sachen mehr, bspw. schwere Deadlifts oder Squats – also keine Übungen mit hoher Verletzungsgefahr. Da mache ich lieber mehr Wiederholungen als schwere «Singles».

 

Du hast ja auch mit Arnold Schwarzenegger trainiert. Wart ihr richtige Trainingspartner oder habt ihr euch nur im Studio gesehen?

 

In den 1970-Jahren haben wir miteinander für ein paar Jahre in Venice trainiert. Damals waren wir eine ganze Weile Trainingspartner, ja. Vor ein paar Jahren habe ich ihn allerdings aus den Augen verloren, da er in Santa Monica lebt und ich in San Diego. Heute trainiere ich meistens alleine. Wenn ich Klienten im Studio habe, dann machen wir ein paar Sets gemeinsam. Ich zeige ihnen die Übungen und mache gleichzeitig eine Workout-Routine für mich. Mein Ziel ist mehr zu beraten und zu betreuen, als selbst zu trainieren. Das habe ich lange genug gemacht. Ich instruiere meine Klienten und befähige sie, die Übungen selbst zu machen.

 

Hast du auch Wettkampf-Athleten bei dir im Studio?

 

Manchmal trainiere ich auch Wettkämpfer. Ich helfe diesen aber weniger beim Training, als dass ich ihnen beibringe, wie sie ihre Posing-Routinen perfektionieren können. Ich lehre sie, ihren Körper richtig zur Schau zu stellen. Denn trainierte Muskeln nützen wenig, wenn sie nicht richtig präsentiert werden; dann ist kein Wettbewerb zu gewinnen. Heute ist nämlich die künstlerische Vorführung des Körpers die eigentliche Hauptarbeit eines jeden Bodybuilders.

 

Was sind deine Ratschläge für ein langes gesundes Leben?

 

Ich denke das Wichtigste ist, dass du jeden Tag irgendetwas machst und dich bewegst, sei es Spazierengehen, Radfahren oder auch Krafttraining und Stretching. Stretching ist gut, um mehr Muskeltonus zu bekommen und gelenkig zu bleiben.

 

Wie sieht es mit der Ernährung aus?

 

Ich habe mich immer an eine gesunde Diät gehalten und gesundheitsbewusst ernährt. Ich nehme Supplements, Vitamine und Mineralstoffe. Ich esse immer mehr Proteine als Kohlehydrate, aber kein Junk-Food. Zum Mittagessen konsumiere ich gegrillten Fisch – manchmal auch Fleisch – Gemüse, wie Brokkoli oder einen Salat. Zum Frühstück geniesse ich ein Ei, Vollkorntoast, ¼ Avocado und eine Scheibe Käse. Abends gibt’s eine Frucht, z.B. eine Orange. Proteinpulver nehme ich keines, weil ich meine Proteinzufuhr aus der Nahrung und Aminosäure-Kapseln ziehe. Manchmal trinke ich ein Glas Wein, aber nicht regelmässig. Des Weiteren nehme ich Tryptophan in geringer Dosis – ein Supplement zum Schlafen. Auch nehme ich Melatonin, ein Hormon, das ebenfalls für einen gesunden Schlaf sorgt. Nebst gesundheitsfördernder Ernährung lege ich Wert auf ein befriedigtes, gesundes Leben. In San Diego haben wir oft warmes und schönes Wetter, da kann ich mich auch an der frischen Luft erfreuen.

 

Du schreibst auch gerne – wie viele Bücher hast du schon geschrieben?

 

Ich habe schon einige Bücher geschrieben. Wie viele genau, weiss ich nicht – vielleicht ein Dutzend. Manche sind bereits vergriffen oder nur noch als E-Book erhältlich. Das erste Buch, das ich geschrieben habe, heisst «Fabulously Fit Forever», das bekannteste ist das «Frank Zane Training Manual». Es beschreibt auf 436 Seiten alles, was man über Bodybuilding wissen muss. Ich arbeitete vier Jahre lang daran. Ein weiteres Buch von mir ist das E-Book «91 Day Wonder Body» – ein Arbeitsbuch, das Trainingsroutinen für drei Monate beschreibt. Mein Ziel beim Schreiben ist immer, gutes und verständliches Trainingsmaterial zu liefern, das Menschen zu einer guten Körperform verhilft.

Nebstdem habe ich drei Bücher über das Mindset-Training geschrieben. In diesen zu einem Gesamtwerk zusammengefassten Bänden geht es nicht vorrangig um das Training als solches, sondern um Meditationsmethoden mit Tiefenentspannung. Thematisiert werden also das Entspannen und Erholen des Körpers und dessen Muskeln nach dem Training.

 

Was würdest du anders machen, wenn du nochmals beginnen könntest?

 

Ich würde wahrscheinlich alles genau gleich machen. In der experimentellen Forschung bräuchte man eine Kontrollgruppe. Du kannst in einem Experiment deine Erfahrungen nur vergleichen, wenn du eine Kontrollgruppe hast. Die habe ich aber nicht – also lebe ich gut mit dem, was ich gemacht habe.

Grundsätzlich vergleiche ich mich mit früher und wie ich mich mit dem Training und meiner Arbeit über all die Jahre entwickelt habe. Dazu habe ich Fotos, die ich gegenüberstellen kann. Dann bekomme ich auch Feedbacks von anderen Leuten. Es ist wichtig, sich mit dem eigenen Aussehen auseinanderzusetzen, denn viele Leute sehen dich und machen sich ein Urteil.

 

Was ist deiner Meinung nach der Schlüssel zum Bodybuilding-Erfolg?

 

Zwei Dinge: Erstens verfolge und dokumentiere alles, was du tust. Mache Fotos von deiner Form oder auch Videos deiner Workouts und vergleiche dich mit früher. Zweitens. Dranbleiben – nicht aufgeben. Es ist ein lebenslanger Prozess. Es gibt nichts im Leben, wo alles perfekt läuft. Das Geheimnis ist: Bleib beim Training, bleib dabei – nicht kapitulieren!