Kreatin – Das Erfolgsrezpt der Kraftsportszene?

Muskelaufbau durch Kreatin

Foto: Anush Gorak

Damals noch ein stark umstrittener, als Doping geltender, Stoff. Heute eines der beliebtesten Supplements der Welt. Die Rede ist von Kreatin (Creatin). Neben Nahrungsergänzungsmitteln wie Protein oder Glutamin hat sich Kreatin an die Spitze hochgearbeitet und ist bis heute für viele Fitnessbegeisterte unersetzlich. Dem populären Ergänzungsmittel wird nachgesagt, die körperliche Leistungsfähigkeit, sprich die Kraft und Ausdauer zu erhöhen. Nicht nur das. Sogar unsere geistigen Kompetenzen sollen mit einer langwierigen Einnahme von dem Supplement erhöht werden. Das klingt schon fast zu gut, um wahr zu sein. Hat Kreatin Nebenwirkungen? Und was gibt es zu beachten?

Was ist Kreatin?

Kreatin ist eine körpereigene Aminosäureverbindung, die vor allem bei der Energieversorgung der Zellen, aber auch bei bestimmten Gehirn- und Herzfunktionen eine zentrale Rolle spielt. Sie ist auffindbar in Herz- und Skelettmuskeln sowie auch im Gehirn. Ohne die zusätzliche Aufnahme verfügt ein 75 kg schwerer Körper über 120 bis 150 g von dem Stoff. Besonders kreatinreiche Lebensmittel sind vollwertiges Fleisch oder Fisch. Wild, Schweine- und Rindfleisch, Thunfisch und Lachs weisen den grössten Anteil der Aminosäure auf. Ähnlich wie bei pflanzlichem Proteinpulver wird Kreatin-Monohydrat unter anderem von Vegetariern supplementiert, um einen möglichen Mangel auszugleichen. Die Verbraucherzentrale empfiehlt eine Dosierung von 3 g pro Tag. Das Ergänzungsmittel ist in Kapsel- oder Pulverform erhältlich und wird hergestellt, indem die zwei Stoffe Natriumsarkosinat und Cynamid erhitzt werden. Die daraus entstehende Flüssigkeit taucht nach Abkühlung in Kristallform auf und kann durch einen Mahlvorgang zu Pulver verarbeitet werden.

Kreatin und Fitness

Obwohl in den 80ern auf den Markt gebracht, sorgte Kreatin-Monohydrat 1992 zum ersten Mal für Aufsehen in der Sportlandschaft. Olympia in Barcelona: Linford Christie, Sieger im 100-Meter-Lauf, verkündete, von dem neuen pulverartigen Ergänzungsmittel zu profitieren. Es gab keinen Grund, das anzuzweifeln. Seine Ergebnisse sprachen für sich. Heutzutage ist die Supplementierung bei Sportarten wie Kraftsport, Schwimmen, Leichtathletik oder Fussball allgegenwärtig. Doch wie genau wirkt sich das beliebte Nahrungsergänzungsmittel auf unsere Fitness aus?

 

Um diese Frage zu beantworten, machen wir einen kleinen Exkurs in die Biologie. Das Molekül ATP (Adenosintriphosphat) ist bestimmt einigen bekannt. Als Energielieferant des Körpers ist es essenziell für Körperfunktionen wie Stoffwechsel, Verdauung oder Zellerneuerung. Aber vor allem die Muskeln benötigen ATP als Antriebskraft. Hier kommt Kreatin ins Spiel. Unsere Muskelzellen sind nicht in der Lage, ATP als Energiereserve abzuspeichern. Nach wenigen Sekunden körperlicher Belastung ist es aufgebraucht und muss erneut hergestellt werden. Bereits vorhandenes Kreatin wird also in ­-phosphat umgewandelt, welches für die Reproduktion von ATP sorgt. Aber auch dieser Vorgang ist nur von kurzer Dauer und der Körper muss auf andere Mittel wie Glycolyse oder aerobe Energiegewinnung zurückgreifen. Durch die zusätzliche Einnahme als Ergänzungmittel kann der Prozess verlängert werden, indem mehr Kreatinphosphat synthetisiert wird, was eine erhöhte Produktion von ATP, also Energie, zur Folge hat.

 

Kurz gesagt: Die Aminosäure sorgt dafür, dass unsere Muskeln über einen längeren Zeitraum belastbar sind, sodass wir lang anhaltende und bessere Leistungen erzielen können. Insbesondere Sportarten, die von einer plötzlichen Krafteinsetzung, wie bei einem Sprint oder Hanteltraining, geprägt sind, können sich die Supplementierung zunutze machen. In kürzester Zeit kann sich die  Leistung bis zu 40% verbessern.

 

Nicht nur dein Durchhaltevermögen steigert sich. Nach körperlicher Anstrengung, vor allem nach Kraftsport ist eine ausreichende Regeneration von Nöten. Nur so kommt es zu einer Vergrösserung des Muskelquerschnitts. Das beliebte Zusatzmittel unterstützt deinen Muskelaufbau, indem es mit einer optimalen Regenerationsphase einhergeht.

 

Das Supplement bewirkt, dass deine Muskeln auf Hochtouren arbeiten. Durch diese Intensivierung deines Trainings, wirst du innerhalb kurzer Zeit mit sichtbaren Ergebnissen belohnt: Vergrösserung und Definierung der Muskulatur. Zusätzlich zu dem Ausdehnen des Muskelgewebes ist die Supplementierung mit Wassereinlagerungen verbunden, was Bizeps und Co optisch praller und voller wirken lässt.

 

Auch Entzündungen wie der allzeit unbeliebte Muskelkater können mit der Supplementierung vorgebeugt oder verzögert werden.

 

Was du noch alles über das Aufbauen von Muskeln wissen musst, erfährst du im Artikel «Die 10 grössten Fehler beim Muskelaufbau».

 

Neben physikalischen Effekten können durch den Verzehr von Kreatin auch geistliche Fähigkeiten erweitert werden. Damit sind unsere Konzentration und die Verbesserung des Kurzzeitgedächtnisses gemeint. Studien erkannten sogar einen Zusammenhang des bekannten Ergänzungsmittels und einer antidepressiven Wirkung. Abgesehen also von der Tatsache, dass sich durch die geistliche Steigerung auch unser Workout optimiert, ist das Supplement ein Allrounder, der in vielen Lebensbereichen punkten kann.

 

Frau mit Kreatinpillen
Foto: Milan Ilic

Wie supplementiere ich Kreatin?

Zur Erinnerung: Eine tägliche Dosis entspricht 3 bis 5 g.

Eine «Kreatin-Kur» lässt sich in zwei Phasen unterteilen: die Ladephase und die Erhaltungsphase. Ersteres hat die Aufgabe, den Haushalt der Aminosäure in kurzer Zeit zu erhöhen. Hierbei nimmst du eine Woche lang das Vierfache der Tagesdosis ein. Während der Erhaltungsphase bleibt es vier bis sechs Wochen lang bei der üblichen Menge (3 bis 5g pro Tag).

 

Auch an einem Restday solltest du das Nahrungsergänzungsmittel supplementieren. Der Körper greift erst auf den Vorrat zurück, wenn dieser benötigt wird. Um zu gewährleisten, dass die Muskeln das Kreatin gut absorbieren können, sollte die tägliche Dosis in Kombination mit Kohlenhydraten zu sich genommen werden. Auch eine hinreichende Vitamin-C-Einnahme ist von Vorteil. Sie bewirkt, dass das Pulver oder die Kapsel vollständig verwertet werden kann. Getränke wie Kaffee oder Alkohol solltest du während der Supplementierung vermeiden. Sie schwächen die Effizienz des Präparats.

Die Nebenwirkungen

Mit den oben genannten Hinweisen im Hinterkopf sollte beim Supplementieren nichts schief gehen. Grundsätzlich ist der Verzehr von Kreatin bei gesunden, erwachsenen Menschen unbedenklich. Wird jedoch zu viel aufgenommen, riskierst du Nieren- oder Leberschäden. Auch Blähungen, Durchfall und Krämpfe sind unerwünschte Folgen einer zu hohen Dosierung. Um einer Dehydration aus dem Weg zu gehen, vergiss nicht ausreichend Wasser zu trinken, besonders in der Ladephase.

 

Wie auch bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln darf beim Kauf die Qualität des Produkts nicht ausser Acht gelassen werden. Auf was solltest du achten?

How to: Qualitatives Kreatin erkennen

  • Reinheit: Das Supplement sollte so rein wie möglich sein. 99,5 bis 100% ist der Massstab, nach dem du dich richten solltest.
  • Herkunft: Achte darauf, woher das Produkt kommt. Mit einem «Made in Germany» bist du gut bedient.
  • Vermahlungsgrad: Kreatin in Pulverform sollte möglichst feinkörnig sein, damit es leicht zu verstoffwechseln ist und seine Wirkung entfachen kann. 200 Mesh ist dabei ein optimaler Orientierungswert.
  • «Qualität hat ihren Preis», gilt auch bei dem Kauf von Supplementen. Mit gestreckten Billigprodukten ist dir nicht geholfen.

Die Aminosäure kann uns einen Mehrwert bei sportlichen Tätigkeiten liefern. Es stellt mehr Energie für uns bereit, wodurch wir bessere Ergebnisse erreichen können. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass es nur ein Ergänzungsmittel ist, was wir auch über unsere Nahrung aufnehmen können. Fisch, Fleisch und Milch sind Kreatinquellen mit der höchsten Konzentration. Da diese Lebensmittel für Vegetarier und Veganer nicht infrage kommen, eignet sich eine Supplementierung gezielt für Menschen mit dieser Ernährungsweise. Das Supplement allein kann allerdings nicht als Erfolgsrezept bezeichnet werden. Andere Komponenten wie Disziplin, Ausführung, Motivation und Ernährung sind gleichermassen von Bedeutung. Ob mit oder ohne Ergänzungsmittel: Wir sind zuversichtlich, dass du es sehr weit bringen wirst!

 

pulver- und kapselförmiges Kreatin auf grauem Hintergrund

Foto: 123rf: Halk44

 

Im übertragenen Sinn können auch Energydrinks als Supplement angesehen werden. Ähnlich wie bei der Einnahme von Kreatin-Monohydrat erhoffen sich Sportler und Sportlerinnen durch das süss schmeckende Getränk einen Energieboost für das Training. Wir haben nachgeforscht, was sich hinter dem beliebten Drink verbirgt.

 

Autor: Mira Müller

 

Quellen:

https://www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/doping-lexikon/c/creatin/

http://achtsam-mg.oceansites.eu/media/achtsam-ev/documents/kreatin.pdf

https://www.brain-effect.com/magazin/atp-adenosintriphosphat

https://www.nu3.de/blogs/supplements/creatin-einnahme

https://naehrstoffe360.de/creatin-monohydrat/

https://www.researchgate.net/profile/Maria-Parr/publication/312071512_Nahrungserganzungsmittel_im_Sport_-_Sinn_Unsinn_oder_Gefahr/links/588b3988a6fdcca09485e8e7/Nahrungsergaenzungsmittel-im-Sport-Sinn-Unsinn-oder-Gefahr.pdf

https://www.foodspring.de/magazine/creatine-einnahme

https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-013-0105-z

https://www.wolfs-apotheke.de/gesundheitsbibliothek/index/kreatin/

https://de.myprotein.com/thezone/supplemente/so-wird-creatin-hergestellt-in-the-lab/