Bodybuilder auf der Bühne

Foto: Ina Frey, British NOC 2006 – Wettkampfgewicht 127 kg

In diesem exklusiven Interview gewährt uns Ina Frey, die Frau des leider viel zu früh verstorbenen Bodybuilders und Gründers von «Frey Nutrition», Andreas Frey, einen tiefen Einblick in das Leben eines Mannes, der die Fitnesswelt nachhaltig geprägt hat. Sie spricht über seine Leidenschaft für den Sport, die Herausforderungen, die er überwunden hat und wie sein Erbe durch seine Konzepte weiterlebt.

Andreas Frey ist in der Bodybuilding-Szene ein bekannter Name. Wann und wo wurde Andreas Frey geboren? Wie hat er seine Kindheit und Jugend verbracht?

Andreas wurde am 20. Oktober 1979 geboren und verbrachte seine Kindheit bis zum 6. Lebensjahr in Rumänien, bevor er nach Deutschland umsiedelte. Bereits in Rumänien ging er auf eine deutsche Grundschule und sprach vorrangig deutsch. Er war schon von klein auf immer einer der «Grössten» und bereits sehr früh schon sehr weit entwickelt.

Schnell wurde Sport zu seiner Leidenschaft, wobei jegliche Sportarten wie Tennis, Handball, Basketball, Schwimmen und Leichtathletik von ihm meist in Vereinen und zudem erfolgreich ausgeführt wurden. Allerdings konnte er keine Sportart für sich langfristig finden, die ihn dauerhaft motivierte und begeisterte. Er erlernte neben all den Sportarten zudem auch das Klavierspielen.

Wie kam Andreas zum Bodybuilding? Wie sahen seine Anfänge aus und wie alt war er damals?

Mit 9 Jahren, wohnhaft mit seiner Familie damals in Bayern, entschloss er sich, mit Fitnesstraining anzufangen. Ansporn hierfür war sein Vater, der ihn durch Aussagen wie «Du hast eine gute Genetik» oder «Du bist von Natur aus für das Krafttraining gemacht.» dazu motivierte. Trainieren durfte er aufgrund seines jungen Alters nur in Anwesenheit des Trainers und Übungen wie Kniebeugen oder die Anwendung schwerer freier Gewichte wurden vermieden. Nach einem Jahr verlor er jedoch die Lust am Krafttraining und widmete sich erneut anderen Sportarten; doch das Fitnesstraining liess ihn nicht los und so trainierte er zu Hause regelmässig weiter. Nachdem Andreas nach Höxter umgezogen war, startete er erneut einen Versuch im Fitnessstudio; dieses Mal jedoch endgültig. Somit begann er das Training im Alter von 15 Jahren mit einer Körpergrösse von 1,83 cm und einem Körpergewicht von 90 kg. Schnell steigerte er sich in den Trainingsgewichten und seine Muskelmasse wuchs.

Wie kam Andreas auf die Wettkampfbühne, wann war sein erster Wettkampf, wann der Letzte?

Nach 6 Monaten des regelmässigen Trainings nahm er 1995, mit 15 Jahren, an seiner ersten Meisterschaft, der NRW-Jugendmeisterschaft in Oberhausen, teil. Das dort Erlebte motivierte ihn für weitere Teilnahmen sowie für das Fortführen des Trainings. Er steigerte sich von Jahr zu Jahr und platzierte sich fortwährend besser.

Andreas‘ aktive Wettkampfzeit im Bodybuilding als Amateur und später sogar Profi ging von 1995 bis 2009. Mit dem Entschluss, eine eigene Familie zu gründen und dieser sowie seiner Tätigkeit als Geschäftsführer von Frey Nutrition vollkommene Aufmerksamkeit zu schenken, was sich aus seiner Sicht nicht mit dem zeitintensiven Profi Bodybuilding vereinbaren liesse, verabschiedete er sich bei einer Pressekonferenz auf der FIBO im April 2009 offiziell von der Wettkampfbühne.

Welches waren seine grössten Erfolge?

Zahlreiche Titel konnte er für sich verbuchen, wie zum Beispiel: Mehrfacher Deutscher Meister, zweifacher Europameister, dreifacher Weltmeister, «Mr. Universum» und als PDI (Pro Division Inc.) Profi Zweitplatzierter bei der «Night of Champions», hinter Lee Priest. Ich werde nie vergessen, wie in New York damals direkt am Times Square überall Plakate mit ihm auf dem Titelbild für die damalige Night of Champions hingen und wir, gefühlt an jeder Ecke, für ein Foto mit ihm angesprochen wurden.

Neben seinen sportlichen Erfolgen konnte er auch einen akademischen Erfolg feiern, da er den Titel des Diplom Wirtschaftspädagogen erwarb. Lange Zeit war er als Privatdozent für das «IST Studieninstitut» (Institut für Sport und Touristik) in Düsseldorf und Berlin tätig und wurde als Kolumnist für die «SportRevue» engagiert, mit der monatlichen Kolumne «Fragen Sie Mr. Universe».

Mit wem hat Andreas trainiert? Wer war sein Coach?

Andreas hat immer alleine trainiert und er war stets sein eigener Coach. Ich habe ihn aber immer begleitet und unterstützt, da ich nebenbei als Trainerin während meiner Schul- und Studienzeit arbeitete. Da er nahezu nie mit freien Gewichten trainierte, brauchte er auch keine Hilfestellung. Dies war zudem einer schlimmen Erfahrung mit 18 Jahren geschuldet, als er beim freien Bankdrücken einen Brustmuskelriss erlitt, also direkt am Anfang seiner Karriere. Ich choreographierte seine damaligen Posing-Küren und studierte sie mit ihm ein. Wir verbrachten viele Wochenenden noch spät abends im Studio und übten im Aerobic-Raum alle Pflichtposen akribisch ein. Da er ein unglaublicher Perfektionist war, gab er sich nie so schnell zufrieden.

Für was war Andreas besonders bekannt in der Szene?

Andreas beeindruckte mit einem Gesamtpaket, bestehend aus einer unglaublichen Bühnenpräsenz und fantastischen Symmetrie. Er zählte mit seinen 1,86 m und 125 kg Wettkampfgewicht zu den grössten Bodybuildern seiner Zeit. Er war das Zugpferd des «NAC», denn durch seine schnell wachsende Bekanntheit in der Szene, auch international, wuchs auch der Verband. Er wurde aufgrund seines unglaublichen, selbst angeeigneten Wissens, bezogen auf Ernährungs- und Trainingskonzepte im Bodybuilding, als Fitnessgott innerhalb seiner damaligen grossen Fangemeinde bezeichnet. Er war ein absoluter Ausnahme-Athlet, denn er überzeugte nicht nur mit zahlreichen Titeln, sondern auch mit unnachahmlichem Wissen, was er kostenlos an die ganze Welt, mittels seiner damaligen Webseite, zur Verfügung stellte. Er wurde auch gerne als Administrator verschiedener Foren ernannt, gab Seminare und beriet jeden, der ihn anschrieb, was sehr zeitintensiv war, aber stets gerne von ihm gemacht wurde.

Andreas Frey

Foto: Nach einer Workout-Session: Ina fotografierte Andreas bei dieser majestätischen Pose, das Foto wurde legendär.

Andreas‘ 7 Grundlagen für ein effektives Training:

  1. Hohe Intensität
  2. Jeder Satz bis zum Muskelversagen
  3. Trainingsdauer maximal 60 Minuten
  4. 10 Sätze für grosse und 6 Sätze für kleine Muskeln
  5. Durchschnittlich 8 bis 12 Wiederholungen
  6. Explosise Ausführung
  7. Sauberer und kontrollierter Bewegungsablauf

Wie war Andreas als Mensch, was machte ihn aus?

Er war ein absoluter Perfektionist und durch und durch zielstrebig. Wenn er von einer Sache überzeugt war, legte er sein gesamtes Herzblut hinein. Als Wettkampfsportler wies er eine beeindruckende Disziplin auf. Diese Eigenschaften übertrug er auf unser 2004 gegründetes Unternehmen «Frey Nutrition». Aber neben all der Arbeit fand er stets Zeit für uns, seine Familie. Er war ein absoluter Familienmensch und liebevoller Vater. Andreas hatte es sich auch zur selbsternannten Lebensaufgabe gemacht, mich immer zum Lachen zu bringen. Er war ein richtiger Spassvogel. Er konnte, was nur sehr wenige Menschen können, nämlich im Moment leben. Sein Credo lautete, frei zu sein und sich nie fremd bestimmen zu lassen. Mit seinem Spruch «Jeder von uns sollte FREY sein», wollte er auch andere dazu bewegen.

Auf der anderen Seite war er auch ein sehr mitfühlender, sensibler Mensch und liess kein Unrecht gelten. Sein Charakter war zudem sehr grosszügig und offenherzig. In den letzten Jahren widmete er sich uns, den Kindern und mir, vollkommen. Er nahm Abstand von Arbeit und Sport, weswegen wir sehr dankbar dafür sein können, so eine intensive Zeit am Ende seines doch so kurzen Lebens mit ihm verbringen zu dürfen.

Gibt es Trainingstechniken für die Andreas bekannt war oder sogar solche, die er erfunden oder mit geprägt hat?

Andreas trainierte nach einem ganzheitlichen System, entwickelt von Dr. Fred Hatfield und von Andreas publik gemacht. Zudem entwickelte er das «FREY INTENSITY TRAINING» (FIT), bei dem der Schwerpunkt auf der Betonung der Negativwiederholung liegt. Beim FIT werden alle Wiederholungen eines Satzes negativ betont ausgeführt. Diese Technik fördert die Milchsäureproduktion in der Muskulatur und führt zu einem stärkeren Muskelreiz.

Zusätzlich war Andreas der Initiator für das heute weitverbreitete maximal 60-minütige Training, da er seine Theorie und vor allem Effektivität hierfür wissenschaftlich untermauerte sowie unnachgiebig verbreitete.

Hat Andreas eine bestimmte Ernährungsweise erfunden, für die er bekannt wurde?

Tatsächlich ist es heutzutage leider kaum noch bekannt, dass der sogenannte «Cheatday» von Andreas initiiert und verbreitet wurde, da er aus seiner selbst entwickelten Ernährungsweise, der Pendeldiät, resultiert. Er hat sich schon als Teenager intensiv mit der Ernährungsweise im Bodybuilding beschäftigt und bereits im Jahr 1997 die Pendeldiät entwickelt. Publik wurde sie, als Andreas als einer der ersten bekannten Bodybuilder (mit dem Durchbruch des Internets) seine eigene Webseite, mit kostenlos zur Verfügung stehenden Ernährungs- und Trainingstipps, online setzte. Weltweit antizipierten Profi- und Hobbysportler an seinem unvergleichlichen Wissen. Wie ein Lauffeuer wurden seine Ernährungsund Trainingstipps verbreitet. Letztlich wurden sie irgendwann für fremden Profit nachgeahmt oder abgewandelt.

Im Lehrplan der Studierenden und Auszubildenden des «IST-Studieninstituts» ist die Pendeldiät nach Andreas Frey fest verankert.

Wie kam es zur Gründung von Frey Nutrition? Was war seine Intention bzw. seine Vision?

Die eigentliche Idee zur Gründung von «Frey Nutrition» entstand aus einem damaligen Doping- und Verunreinigungsskandal von Nahrungsergänzungen. Dies sorgte dafür, dass sich Andreas nicht mehr länger auf andere Anbieter verlassen wollte, da er schliesslich im Rahmen seines Wettkampfsports bei seiner täglichen Ernährungsweise vor allem auf Nahrungsergänzungen angewiesen war, um dem extremen Bedarf gerecht zu werden. So kam es im März 2004 zu der Gründung des Paderborner Unternehmens, während wir beide uns noch im Lehramtsstudium befanden, unserem eigentlich angestrebten Traumberuf des Lehrers.

Bei der Produktentwicklung konnte Andreas vor allem auf seine langjährige eigene Supplementierung von Nahrungsergänzungsmitteln zurückgreifen und alle neu entwickelten Produkte im eigenen Training sowie bei der Wettkampfvorbereitung selber testen. Schnell war klar, dass auch nur das produziert und zum Verkauf angeboten wurde, was Andreas selber einnahm und für gut befunden hatte. Seine Philosophie «Das Beste oder nichts» war der Motor für das Unternehmen und letztlich seinen internationalen Erfolg.

Wie und wann hast du Andreas kennengelernt, wann habt ihr geheiratet?

Mit 16 Jahren begann ich neben der Schulzeit als Trainerin im Fitnessstudio zu arbeiten, wo wir uns kennenlernten, anfreundeten und schliesslich ein Jahr später im Sommer 1999 ineinander verliebten.

Wir sind dann beide fürs Studium nach Paderborn gezogen, wo wir auch das Unternehmen gründeten. Am 18. Juli 2009 haben wir kirchlich geheiratet. Im Jahr 2011, direkt an seinem Geburtstag, kam unsere erste Tochter zur Welt und 2016 unsere zweite Tochter. Wir sind über 23 Jahre zusammen gewesen, als er urplötzlich im Schlaf am 21. Oktober 2022 verstarb.

Als seine Frau wirst du das Unternehmen Frey Nutrition weiterführen. Ist das korrekt? Welche Aufgaben übernimmst du konkret im Unternehmen und was ist dein Ziel mit Frey Nutrition?

Wir haben das Unternehmen von Anfang an gemeinsam gegründet und aufgebaut. Ich bin seit jeher für die Produktentwicklung mitverantwortlich, weswegen ich damals neben meines eigentlichen Studiums zusätzlich Seminare in Ernährungslehre belegte. Da ich Germanistik studiert habe, bin ich hauptverantwortlich für jegliche Produkt- und Werbetexte. Das Personalwesen oblag auch immer schon mir. Von daher hat sich intern nicht wirklich etwas geändert nach seinem Tod. Ich habe mich zu Andreas‘ Lebzeiten allerdings in der Öffentlichkeit im Hintergrund gehalten und bin zusätzlich in Teilzeit meinem Beruf als verbeamtete Gymnasiallehrerin leidenschaftlich nachgegangen. Davon habe ich mich, hauptsächlich wegen unserer Kinder, beurlauben lassen. Ich habe ein hochqualifiziertes und engagiertes Team an meiner Seite, welches aus langjährigen Mitarbeitern besteht, die sich wie Familie anfühlen. Der Schicksalsschlag hat uns alle noch mehr zusammengeschweisst und wir werden Andreas‘ und meinen Traum, stets die besten Nahrungsergänzungen auf dem Supplementmarkt zu vertreiben, hartnäckig weiterführen. Auch wenn Andreas nicht mehr unter uns weilt, lebt er durch mich und die Firma weiter. Ich möchte ihn ein Stück weit unsterblich machen und das habe ich bis jetzt schon ganz gut eingeleitet. Die «Frey Classic», der national höchst dotierteste Wettkampf, wird zu Ehren von Andreas weiterhin im April jedes Jahr als Season-Opener stattfinden.

Was findest du persönlich für die Zukunft des Bodybuilding-Sports wichtig?

Ich komme noch aus einer Zeit, in der Bodybuilding mit vielen negativen Vorurteilen zu kämpfen hatte. Andreas und ich haben das in jungen Jahren, vor allem während unserer Schul- und Studiumszeit am eigenen Leib erfahren müssen. Er wurde schnell als dumm abgestempelt und ich wurde belächelt, wie ich mich als Abiturientin und später Akademikerin mit einem Bodybuilder als Partner zufriedengeben könnte. Sogar von Professoren wurde ich auf meinen Freund verachtend angesprochen. Andreas hatte es im Studium und auch schon als Schüler nicht leicht, sich gegen hartnäckige Vorurteile zur Wehr zu setzen. Er selber sagte, dass er das Haus damals, vor allem in der Massephase als er bis zu 150 kg wog (bei einem geringen Fettanteil), nie ohne mich an seiner Seite verliess, weil er die verurteilenden Blicke der Aussenwelt kaum ertrug.

Mit dem Beginn des Internets und seiner eigenen Webseite, die als Wissensfundus eines jeden Sportlers lange Zeit galt, konnte er schnell mit Vorurteilen aufräu men und sich absolut beweisen. Als dann sogar in der Universität in Paderborn das Unimagazin ihm eine ganze Ausgabe widmete und er bei der Abschlussrede der angehenden Berufsschullehrer bis heute als erfolgreicher und berühmter Absolvent der Universität Paderborn (mit einem Foto von seiner Doppelbizepspose) gezeigt und erwähnt wird, war der Startschuss langsam gegeben, mit Vorurteilen aufzuräumen.

Das Ablegen von Vorurteilen gegenüber dem Bodybuilding ist mir ein grosses Anliegen. Kraftsport kann bis ins hohe Alter intensiv betrieben werden und sollte aus gesundheitlichen Aspekten gefördert werden.

Familienbild

Foto: Ina Frey, Mallorca, Familienurlaub 2018

Was wünschst du dir, wie Andreas in Erinnerung bleiben soll?

Es ist schön, wenn ich heute zu Meisterschaften als Hauptsponsor und Fotografin fahre und dort von Juroren oder auch Athleten angesprochen werde, die mir erzählen, wie herzlich sie meinen Mann wahrgenommen haben und dass er ein grosses Vorbild für viele einerseits sportlich und auch andererseits menschlich war. Genauso soll es bleiben und ich werde alles dafür geben, dass er niemals vergessen wird.

Was möchtest du den Lesern zum Schluss mit auf den Weg geben?

Geht euren Träumen nach und gebt niemals auf, diese zu verwirklichen. Wir haben nur das eine Leben und es kann schneller zu Ende sein, als man denkt. Seid aber auch unendlich dankbar für das, was ihr habt. Letzteres war und ist Andreas‘ sowie meine gemeinsame Lebenseinstellung. Erstrebt niemals ein Ziel aus rein finanziellen Beweggründen. Das war nie unser Motor. Der Weg zum Ziel sollte trotz intensiver Arbeit Spass machen. Das Leben hält so viel Freude bereit, schon in den kleinsten Dingen, die kostenlos sind. Und am Ende zählt nicht das viele Geld, sondern Freundschaft und Familie. Liebe ist der Sinn des Lebens. Gebt Liebe und ihr empfangt Liebe. Andreas sagte stets: Wir alle sind eins!

Und hier noch ein Appell als Pädagogin an alle jungen Eltern: Stärkt und fördert bei euren Kindern die soziale sowie emotionale Intelligenz, denn nur sie sind wichtig, um in diesem Leben letztlich Erfüllung zu finden.