Foto: Michael Klauser
Zur Person
Andrea Haller – seit ein paar Jahren pflegt die Europameisterin in den Kategorien Sportmodel und Figur Klasse (2022) – wie könnte es anders sein – das grosse Hobby «Bodybuilding». An der WFF Europameisterschaft im Juni dieses Jahres erhielt sie zudem in der Kategorie «Figur» die «Pro-Card», d.h. sie darf dort künftig in der Profiklasse antreten. Weitere Wettkämpfe wie die Weltmeisterschaft oder Universe hat sie auf dem Radar.Sport aus Leidenschaft
Andrea war schon immer sportbegeistert. In jungen Jahren engagierte sie sich im Turnverein, dann machte sie einen kurzen Abstecher in den Fussball, wechselte ins Kickboxen und betrieb diese Sportart während sieben Jahren mit grosser Begeisterung. Doch aufkommende Gelenkprobleme zwangen sie zum Aufhören. Sie begann in verschiedenen Streetdance-Gruppen zu tanzen, zeigte auf mehreren Bühnen der Schweiz ihr Können und nahm an Schweizermeisterschaften teil. Nach dem Umzug in den Aargau begann sie mit «Freeletics». Freeletics ist eine Sportart, bei der nur mit dem eigenen Körpergewicht trainiert wird, kombiniert mit der Methode des High Intensity Interval Trainings (HIIT). Doch das über Jahre intensive Cardio-Programm machte Andrea auch nicht wirklich glücklich – mehr Muskeln mussten her! Vor drei Jahren fand sie in Marco Hirsiger einen Coach und sie begann mit intensivem Bodybuilding. Sie liebt es, bei jedem Wettkampf sich selbst herauszufordern.Vorurteile sind schwer umzustossen
Vorurteile sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und halten sich meist hartnäckig. Das musste Andrea Haller am eigenen Leib erfahren. Meinungen und Sachverhalte werden voreilig und unkritisch von anderen Personen übernommen und als allgemeingültig erklärt. Dabei sind solche subjektiven Informationen häufig zu allgemein, verschwommen, theoretisch und wenig differenziert. Die Begründungen sind meistens nur teilweise oder gar nicht bekannt. Vorurteile solcher Art gibt es zuhauf, zum Beispiel: «Es ist nicht weiblich, als Frau Muskeln zu haben. Es schickt sich nicht, als Frau drahtig zu sein.» Andererseits: «Es ist fraulich, grosse Brüste und Kurven zu haben.» Unter Weiblichkeit werden typisch der Frau zugeschriebene Eigenschaften und Merkmale verstanden. Wie wir aber sehen, bedeutet Weiblichkeit für jede und jeden etwas anderes. Es bleibt zu hoffen, dass es uns gelingt, mit diesem Artikel einige Vorurteile wegzuräumen.Frauen und Krafttraining – Passt das?
Hier begegnen wir einem weiteren Vorurteil: «Frauen und Krafttraining passt doch nicht zusammen!» Auch hier geht es in mancher Hinsicht um eine Falschinformation. Frauen sind dem Krafttraining gegenüber skeptisch, weil die Angst vor grossen Muskelbergen durch Training mit Gewichten sich hartnäckig verhält. Da der Testosteronspiegel bei Frauen naturgegeben um einiges geringer ist als bei Männern, ist es gar nicht möglich, eine «She-Hulk» – Synonym für übermenschliche Stärke – zu werden. Ein Exkurs in die Biologie und Hormonlehre kann uns hier weiterhelfen. Die Testosteronausschüttung regt den Eiweissstoffwechsel an und begünstigt das Muskelwachstum im Körper. Frauen brauchen für den Muskelaufbau im Durchschnitt zwei- bis dreimal so lange wie Männer. Athletinnen, die jahrelang Krafttraining betreiben, erreichen zwar eine progressive Gewichtssteigerung und werden stärker, aber sie schaffen es wegen der fehlenden Hormone nicht, übermässig viel Muskelmasse aufzubauen. Mit regelmässigem Krafttraining können Frauen pro Jahr nur zwischen 1,5 und 3 Kilogramm an reiner Muskelmasse zulegen. Fakt ist, dass im Erwachsenenalter alle zehn Jahre 3 bis 8 Prozent Muskelmasse abgebaut werden, sofern nichts dagegen unternommen wird. Krafttraining eignet sich deshalb hervorragend, diesem Muskelabbau entgegenzuwirken. Zudem ist Osteoporose, eine schleichende Knochenerkrankung, bei Frauen viel verbreiteter als bei Männern. Das Skelett baut Knochensubstanz ab, die Knochenstruktur wird porös und instabil.Krafttraining hilft hier entgegen und unterstützt die Knochendichte. Auch Verspannungen und Rückenschmerzen kann das Krafttraining lindern.«Strong is the new skinny»
Das ist Andreas Leitsatz: «Strong is the new Skinny». Frauen mit Muskeln sind im Trend! Krafttraining hat viele Vorteile. Mit dem Aufbau von Muskelmasse werden mehr Kalorien verbrannt, auch im Ruhezustand. Das begünstigt den Fettabbau. Bereits zwei wöchentliche Trainings senken den Fettanteil innert drei Wochen um ca. drei Prozent. Mehr Muskeln kurbeln den Stoffwechsel an und steigern die Leistungsfähigkeit. Krafttraining hält das Bindegewebe elastisch, denn wo Muskeln sind, ist die Haut straffer und gut durchblutet. Spass und Motivation intensivieren sich und wirken sich auf das Wohlbefinden und Selbstbewusstsein aus. Ein breiterer Rücken formt eine schmalere Taille, trainierte Schultermuskeln betonen das Dekolleté und starke Beine verschaffen kurzen Röcken und Kleidern eine besondere Aufmerksamkeit.Frauen trainieren anders als Männer
Und hier ein weiteres Vorurteil: «Frauen trainieren anders als Männer.» Nein, ganz und gar nicht. Die Trainingspläne von Frauen und Männern ähneln sich sehr. Kniebeugen, Kreuzheben oder Hanteltraining, die zu einer hohen Intensität beim Muskelwachstum beitragen, unterscheiden sich kaum. Aber auf den Mix kommt es an: 30% Cardio-Einheit und 70% Krafttraining. Ein- bis zweimal pro Woche ca. 45 Minuten Ausdauertraining unterstützt den Fettabbau. Für einen effektiven Fettabbau empfiehlt Andrea allerdings 45 bis 60 Minuten Cardio im nüchternen Zustand, also unmittelbar nach dem Aufstehen und vor dem Frühstück. Alternativ, wenn auch nicht ganz so effektiv, im Anschluss an ein Krafttraining. Die Glykogenreserven sind dann sehr niedrig, dem Körper stehen weniger Kohlenhydrate zur Verfügung und die Fettreserven werden angegangen. Sport mit nüchternem Magen erhöht bzw. verbessert auch die Sauerstoffkapazität. Ein beim Krafttraining häufig vorkommender Fehler ist die Wahl des zu niedrigen Gewichtes. Dann bleibt nämlich der Reiz aus und der Muskel ist rasch unterfordert. Die Folge: Der straffende und körperformende Effekt bleibt aus. Daher: Sobald pro Satz zwanzig und mehr Wiederholungen möglich sind, sofort die Gewichte erhöhen! Denn: Eine Hypertrophie wird erst bei 6 bis 12 Wiederholungen pro Übung erreicht.Übungsbeispiele












