
Foto: Ivan Bucher holt den Doppelweltmeister-Titel in Rom, IBFA WORLD FINALS 2025
Ivan Bucher, geboren am 8. Dezember 1973 in Kerns, Obwalden (Schweiz) begann seine sportliche Laufbahn als Kunstturner im Alter von sieben Jahren. Bereits mit 15 stand er sowohl bei der Schweizermeisterschaft im Kunstturnen als auch wenige Wochen später bei der Bodybuilding-Schweizermeisterschaft auf der Bühne – ein früher Hinweis auf seine unglaubliche Disziplin und Leidenschaft. Heute blickt Ivan auf über 150 Bühnenauftritte weltweit zurück, zahlreiche Weltmeistertitel, drei Mr.-Universe-Erfolge und in 2025 auf den sensationellen Titel als Doppelweltmeister in Rom. Neben seiner sportlichen Karriere leitet er die Fitnessstudios Lifefitness24 und Fitphysiotitlis. In diesem Interview erzählt er von seiner Motivation, seinem Training, seinen Erfolgen und Visionen für die Zukunft.
Ivan Bucher im Interview
1. Du hast mit 7 Jahren als Kunstturner begonnen und mit 15 an der Bodybuilding-Schweizermeisterschaft teilgenommen. Wann hast du gemerkt, dass Bodybuilding deine wahre Leidenschaft ist?
Schon als 7-jähriger Kunstturner haben mich die muskulösen Kunstturner am meisten imponiert. Ich wollte solche Muckis haben wie diese Jungs. Mit dem eigenen Körpergewicht außergewöhnliche Leistungen zu erbringen, faszinierte mich sehr. Und wenn so ein Super-Athlet dazu noch muskulös ist, dann war ich hin und weg. Ich wollte genauso werden.
Kunstturnen war mein Leben, bis eine grosse Bandscheibenverletzung meine Turnkarriere beendete. Von da an habe ich noch viel intensiver Krafttraining gemacht, wurde immer muskulöser, sogar meine Rückenschmerzen verschwanden … doch ich war bei den folgenden Kunstturn-Wettkämpfen mit Abstand der schwerste, muskulöseste Athlet. Das gefiel mir natürlich, doch ich wusste, dass mein Rücken eine Weiterführung der Turnkarriere nicht aushält. So habe ich mich 2 Wochen nach der Schweizermeisterschaft im Kunstturnen spontan für die Schweizermeisterschaft im Bodybuilding angemeldet.
Ich durfte gleich Erfolge feiern und somit hatte ich meinen «Ersatz-Sport» gefunden. Von da an ging die Fitness-Laufbahn voran.
2. Wer oder was hat dich auf deinem Weg am meisten inspiriert und motiviert, über Jahrzehnte so konsequent zu trainieren?
Meine Motivation fand ich durch die ständige körperliche Veränderung. Je mehr man für diesen Sport opfert, desto mehr Erfolg hat man. Das fand ich sehr fair und gab mir, durch den Willen, welchen ich als Kunstturner aufgebaut hatte, viele Erfolge.
Foto: Ivan Buchers Archiv
3. Gab es Momente in deiner Karriere, in denen du ans Aufhören gedacht hast – und wie bist du darüber hinweggekommen?
Ich war nie ein Mensch, der aufgeben wollte … ich wollte mich herausfordern und meine Ziele erreichen. Obwohl ich als polysportiver Athlet sehr viele Unfälle hatte, war jeder einzelne Schaden eine Motivation: jetzt erst recht.
4. Wie schaffst du es, ständig in so guter Form zu sein – was sind deine Trainings- und Ernährungstipps?
Ich lebe Fitness tagtäglich. Ich trainiere täglich, um vor allem auch meinen Bewegungsdrang zu befriedigen. Und wenn ich schon im Training alles gebe, dann hole ich auch beim Essen alles aus mir raus. Je mehr du verzichtest, desto mehr kriegst du … thats so easy. Meine Food-Empfehlung: Fleisch, Eier, Gemüse, gute Fette und natürlich auch komplexe Carbs gehören täglich auf meinen Ernährungsplan. Beim Training bin ich sehr auf Oldschool orientiert. Das bringt mir den grössten Erfolg und war schon früher die härteste, aber erfolgreichste Methode. Wichtig ist jedoch das Körpergefühl, wann der Muskel wieder ready ist, 100 % zu belasten – eine Eigenschaft/Fähigkeit, die man nur über jahrelange Erfahrung erlernen/spüren kann.
5. Was sind deine Empfehlungen für eine optimale körperliche Regeneration?
Aktive Erholung … bewegen, was auch immer man gerne macht … es soll Spass machen … aber in Bewegung sein. Somit erholt sich nicht nur der Körper, sondern auch der Geist … .
6. Wie gehst du mit Rückschlägen, Verletzungen oder Überlastung um, sowohl mental als auch körperlich?
Ich hatte viele Verletzungen, teils sehr gravierende, weil ich nicht auf mein Stoppsignal hören wollte … mein Wille war immer stärker als der Körper, was ich aber lernen musste … aber ich habe aus jeder einzelnen Verletzung gelernt und wurde dadurch stärker. Ich hatte auch nie einen Trainingsunterbruch wegen einer Verletzung, denn im Krafttraining, vor allem an den Geräten, kann man immer irgendwelche Muskelpartien trainieren. Mental fiel ich logischerweise nach meinem Unfall immer in ein Loch, welches sich aber schon vor der Operation in eine Herausforderung stellte.
7. Welche Werte oder Prinzipien sind dir wichtig, um langfristig im Sport erfolgreich zu sein?
Mein Vater war auch Kunstturner und schon als ich klein war, hat er mich motiviert. Und wenn ich sehe, wie er sich jetzt mit 82 Jahren fit hält, ist dies meine Motivation, genauso altern zu dürfen.
8. 2025 wurdest du in Rom Doppelweltmeister – wie hast du dich darauf vorbereitet, und wie hast du dich auf der Bühne gefühlt?
Nach dem letztjährigen Vice-WM-Titel hatte ich das ganze Jahr ein Verlangen/Druck in mir, den Titel nochmals erkämpfen zu können. Irgendwie hatte ich das Gefühl, auf diese eine Chance nochmal alles zu setzen. Ich getraute es niemandem, ausser meiner Freundin Lara, zu sagen: «Diesen Titel will ich unbedingt nochmal». Ich hatte die letzten Wochen die Carbs voll reduziert, um die Härte zu kriegen, was sich ausbezahlte. Auf der Bühne fühle ich mich immer am wohlsten, jedoch das ständige Warten vorher ist nicht meine Stärke. An den ersten Blicken der Judges merkst du dann sofort, wie «parat» du bist, und dieses Gefühl ist einmalig, vor allem wenn du dann beim ersten Callout in die Mitte gesetzt wirst und diese Position dann auch verteidigen kannst. Ein unbeschreibliches Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.
9. Welcher deiner Titel bedeutet dir persönlich am meisten – und warum?
Jeder Titel hat seinen eigenen Wettkampf, seine eigene Geschichte, jedoch der erste Mr.-Universe-Titel im Jahr 2011 hat mir sehr viele Türen geöffnet, welche ich sonst nie erlebt hätte. Der Doppelweltmeister-Titel vor paar Tagen rundet alles so perfekt ab, dass ich eigentlich sagen kann: jetzt hab ich’s geschafft …. Passt so! Thats it. Danke Gott für diese Gabe.
10. Hast du vor Wettkämpfen ein Ritual oder besondere Vorbereitung, um fokussiert zu sein?
Mein Ritual vor jedem Wettkampf: Ich gehe in die Berge, bete um Kraft, mein Ziel zu erreichen, und bevor ich zuhause abfahre, in unsere kleine private Kapelle (Grossmutters Kapelle).
Foto: Ivan Buchers Archiv
11. Du bist Inhaber von Lifefitness24.ch und Fitphysiotitlis – wie schaffst du die Balance zwischen Sport und Unternehmertum?
Ich war schon mit 21 Jahren selbstständig, was mir eine Verantwortung auf die Schultern lud. Diese eine tägliche Stunde, welche ich immer sage, gehört mir, die nehme ich mir. Das heisst, eine Stunde Training pro Tag im Minimum, diese Zeit nehme ich mir raus. Ich möchte als Fitness-Inhaber ein Vorbild sein, Kunden motivieren, und das kann ich nur, wenn sie mich selber trainieren/schwitzen sehen. Ich lebe Fitness und möchte dies so weitergeben.
12. Welche sportlichen oder persönlichen Ziele stehen als Nächstes auf deiner Agenda?
Die Weltmeisterschaft vor paar Tagen hat mir von einem auf den anderen Tag die Orientierung genommen. Ich hab’s geschafft, was nun? Ich weiss es echt nicht … .
13. Wie siehst du die Zukunft des Bodybuildings in der Schweiz – und welche Rolle möchtest du darin spielen?
Bodybuilding wird auch in der Schweiz weiter wachsen. Vor allem finde ich es schön, wenn junge Sportler den strengeren Weg gehen und nebst der Ausbildung noch ein Hobby ausüben, welches sehr viel Willen und Disziplin und Verzicht abverlangt. Jedoch wer im Sport bereit ist zu kämpfen, wird auch im Beruf erfolgreich sein.
Ich hoffe, dass ich viele Junge und auch ältere Menschen zu Bewegung motivieren kann, um ihnen ein Gefühl zu geben, dass man als körperlich fitter Mensch viel mehr vom Leben profitieren und geniessen kann. Ein gesunder Körper, ein zufriedener Geist.
14. Was möchtest du als Vermächtnis hinterlassen – sportlich und menschlich?
Die meisten Menschen dürfen sich in einem gesunden Körper bewegen, jedoch sind wir es ihm schuldig, ihn zu bewegen und richtig zu ernähren. Und vor allem schätzen, dass man gesund sein darf und sich bewegen kann.
Viele Menschen sind zu faul, während andere alles auf der Welt geben würden, um sich bewegen zu dürfen/können.
15. Zuletzt: Was möchtest du unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Ein Kind glaubt, was es sieht. Der Erwachsene ebenso. Wenn ich einem jungen Turner sage, mach einen Handstand, dann sagt es: zeig mal! Wenn ich ihm den Handstand vorzeige, glaubt/vertraut es mir. Wenn du einen Trainer aussuchst, dann mit Erfahrung, der das selber lebt und gelebt hat. «Respect the oldschool».
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