Foto: Martins erste Wettkampfsaison war im Jahr 2017. Seitdem hat er 6 Saisons mit jeweils 3-5 Wettkämpfen bestritten – insgesamt über 20 Meisterschaften.
Persönlich & exklusiv: Martin Hahn im Interview
Hallo Martin. Schön, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Du hast eine beeindruckende Reise hinter dir, von einem gemobbten Jugendlichen zum bekannten Bodybuilder. Welche inneren Kräfte haben dir geholfen, diese Transformation zu meistern, und wie können andere diese für sich selbst nutzen?
Am Anfang war es mehr ein „Suchen nach Bestätigung“. Ich dachte, dass ich automatisch besser bei meinem Umfeld ankommen würde, wenn ich muskulöser werde. Mit der Zeit entwickelte sich daraus jedoch eine Leidenschaft und eine echte Liebe zum Krafttraining. Diese hat mir wertvolle Charaktereigenschaften wie Disziplin und Ehrgeiz beigebracht. Dadurch habe ich ausserdem verstanden, dass es völlig egal ist, was andere von einem denken. Und glaubt mir: Wenn ihr diese Einstellung habt, kommt ihr plötzlich ganz von allein besser bei anderen an, als wenn ihr versucht, jemand zu sein, der ihr nicht seid.Gab es einen Schlüsselmoment, in dem du wusstest, dass du deine Leidenschaft für Fitness in eine Lebensweise verwandeln möchtest?
Ich habe zunächst eine Ausbildung als Erzieher begonnen. Während dieser Zeit habe ich jedoch festgestellt, dass ich gedanklich ständig beim Bodybuilding war – sogar die Lehrer haben das bemerkt. Schließlich habe ich mich entschieden, mich beruflich in diese Richtung zu orientieren, weil mein Herz dafür geschlagen hat.Seit 2017 bestreitest du Bodybuilding-Wettkämpfe. Was war der emotionalste Moment, den du auf der Bühne erlebt hast, und was bedeutet er für dich?
Der emotionalste Moment auf der Bühne war für mich der Sieg beim Diamond Cup in Luxemburg, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Ebenso bedeutsam war der Vize-Deutsche-Meistertitel 2018. Das Jahr davor lief nicht optimal, und ich war sehr enttäuscht von meiner Platzierung. Umso mehr hat es mich berührt, dass die Jury meine Verbesserungen seitdem hervorgehoben hat. Diese Anerkennung bedeutete mir sehr viel.Foto: Martin beim IFBB Diamond Cup 2023 in Luxemburg
Jeder hat mal einen Rückschlag. Was war dein größter Rückschlag im Sport, und wie hat er deine Sichtweise auf das Training und das Leben verändert?
Ich hatte mehrere Rückschläge, sowohl gesundheitlich – durch Verletzungen – als auch psychisch. Irgendwann habe ich den Entschluss gefasst, dass Gesundheit, gemeinsam mit der Familie, das höchste Gut ist und durch keine Platzierung der Welt aufgewogen werden kann. Das ist eigentlich selbstverständlich, gerät aber leicht in den Hintergrund, wenn man völlig auf den Bodybuilding-Fokus fixiert ist.
Es gibt viele Mythen über Bodybuilding. Was ist das grösste Missverständnis, das du entlarven möchtest?
Das grösste Missverständnis ist, dass man Unmengen an Kalorien essen oder eine „Massephase“ machen muss, um Muskeln aufzubauen. Tatsächlich sind 90% der Athleten, die ich zu Beginn ihres Coachings betreue, zu fett. Mehr Kalorien bedeuten nicht automatisch mehr Muskeln – im Gegenteil. Irgendwann leiden die Performance, die Verdauung und die Verstoffwechselung von Glukose darunter, und man baut sogar weniger Muskeln auf.
Wenn jemand gerade erst anfängt auf seine Fitness zu achten, welche drei einfachen Schritte würdest du ihm raten, um zu beginnen und motiviert zu bleiben?
- Finde Übungen, die dir Spass machen und die du gerne ausführst – so bleibst du motiviert und hast Lust, dich stetig zu verbessern.
- Ernähre dich eiweissreich mit Lebensmitteln, die du lecker findest – Genuss und gesunde Ernährung müssen sich nicht ausschliessen.
- Sorge dafür, dass der Spass immer im Vordergrund steht – Freude am Prozess ist der Schlüssel, um langfristig dabei zu bleiben!
Essen kann eine Herausforderung sein, besonders mit den vielen Diäten da draussen. Was ist dein Geheimnis für eine ausgewogene Ernährung, die auch für den durchschnittlichen Menschen umsetzbar ist?
Mein Tipp ist einfach und für jeden umsetzbar: Wähle für jede Mahlzeit eine Proteinquelle und kombiniere sie mit einer Kohlenhydratquelle. Zum Beispiel Fleisch, Fisch, Eier oder Proteinpulver zusammen mit Reis, Haferflocken oder Kartoffeln. Wenn du zunehmen möchtest, erhöhe die Menge der Kohlenhydrate; wenn du abnehmen möchtest, reduziere sie. Achte ausserdem darauf, deinen Omega-3-Bedarf zu decken – das kann auch durch Nahrungsergänzungsmittel erfolgen.
Regeneration ist entscheidend für den Muskelaufbau, wird aber nicht selten vernachlässigt. Was sind einige einfache, aber effektive Methoden, die du in deinen Alltag integriert hast, um die Regeneration zu fördern?
Optimiere deinen Schlaf – hier beginnt die Regeneration. Wenn möglich, etabliere einen festen Schlaf- und Wachrhythmus in deinem Alltag. Achte darauf, dass du bequem liegst und der Raum kühl und dunkel ist. Nasenpflaster können helfen, die Nasenatmung zu verbessern. Vermeide Koffein und UV-Licht unmittelbar vor dem Schlafengehen, um die Schlafqualität zu maximieren.
Du bist nicht nur Athlet, sondern auch Vorbild für viele. Welche Botschaft möchtest du den Menschen mit auf den Weg geben, die ihren eigenen Fitnessweg beginnen?
Vergleiche dich nicht mit anderen. Du bist du. Kreiere dein bestes Ich! Hör auf, nach links und rechts zu schauen. Jeder ist individuell und sollte sich auf seinen eigenen Weg konzentrieren.
Wie siehst du die Zukunft des Bodybuildings und der Fitnessindustrie? Gibt es Trends oder Veränderungen, die du beobachtet hast, die spannend sind?
Der Trend geht eindeutig in Richtung Social Media. Es ist wichtig, neben dem Sport auch auf seine Präsenz in den sozialen Medien zu achten. Wer clever ist, hat das erkannt. Eine neue Generation wächst heran, die sich von Ikonen auf Social Media inspirieren lässt. Um eine solche Ikone zu werden, braucht man Reichweite – und die erhält man, indem man sich zeigt.
Du wirst oft in TV-Sendungen eingeladen. Wie sind sie auf dich aufmerksam geworden? Was bedeutet das für dich?
Das kann man sich wie eine Kettenreaktion vorstellen. Bei meinem ersten TV-Auftritt bei Pro Sieben habe ich selbst angefragt und meine Lebensgeschichte erzählt. Daraufhin wurden andere TV-Sender aufmerksam und zeigten Interesse an meiner Person.
Wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus?
Ich stehe morgens auf und arbeite erstmal alle Check-ins ab, die reingekommen sind. Danach bereite ich mein Frühstück zu und arbeite nach dem Essen noch eine Stunde weiter. Anschließend fahre ich ins Training. Der restliche Tag besteht aus Arbeiten, Content erstellen, Essen und Erledigungen wie zum Beispiel dem Einkaufen von Lebensmitteln. Am Wochenende bin ich als Coach oder Kampfrichter bei Wettkämpfen unterwegs.
Was inspiriert dich abseits des Fitnessbereichs, und gibt es Hobbys oder Interessen, die dich als Mensch bereichern?
Bodybuilding bleibt natürlich meine grösste Leidenschaft, und ich verfolge sehr gerne Wettkämpfe. Abseits davon gehe ich gerne essen, entweder mit meiner Frau oder mit meiner Familie und Freunden. Ich nehme regelmässig an Podcasts teil und unterhalte mich über bodybuilding-relevante Themen. Ausserdem bin ich ein großer Fan von verschiedenen Filmreihen und ein sehr nostalgischer Mensch. Ich schaue oft alte Filme oder Serien aus meiner Kindheit, die mich immer wieder bereichern.
Foto: Celina und Martin Hahn mit ihren Athletinen in Warschau 2023