Leistungssteigerung durch Superkompensation: Optimiere dein Training

Mann mit Muskeln trainiert mit Kurzhanteln
Foto: Herolind08

Kennst du das Trainingsprinzip der Superkompensation? Für viele Sportler, ob Anfänger oder Profi, ist es ein bekanntes Konzept, das als Erfolgstipp für Fortschritte im Training gilt. Aber ist es wirklich so einfach? Denn obwohl es oft als Geheimwaffe für Fortschritte dargestellt wird, ist die Realität oft komplexer. Besonders für diejenigen, die gerade erst anfangen, gibt es einiges zu beachten. In diesem Artikel schauen wir uns an, was Superkompensation wirklich bedeutet und worauf du achten musst. Wir erklären, was genau hinter diesem Konzept steckt, wie es funktioniert und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Ausserdem zeigen wir auf, worauf du bei der Anwendung besonders achten solltest, um deine sportlichen Ziele sicher und effizient zu erreichen.

Was ist Superkompensation?

Der Begriff «Superkompensation» beschreibt, wie sich der Körper nach Anstrengung erholt und anpasst. Training strengt den Körper an und macht ihn müde und schwächer. In der Erholungsphase wird er aber leistungsfähiger als zuvor. Er erholt sich mehr als nötig, um auf zukünftige Anstrengungen besser vorbereitet zu sein. Es ist sehr wichtig, dem Körper genug Zeit zur Erholung zu geben, bevor du wieder trainierst. Wenn du den richtigen Zeitpunkt für das nächste Training wählst, kannst du die Entwicklung eines höheren Leistungsniveaus beschleunigen.

Wie ist das Modell entstanden?

Das Konzept stammt von dem russischen Wissenschaftler Nikolai Yakovlev. In seiner Studie von 1977 an Ratten zeigte er, dass die Glykogenspeicher in Muskeln und Leber nach intensivem Training und Erholung erhöht sind. Yakovlev nannte dieses Phänomen «Superkompensation». Die Glaubwürdigkeit von Yakovlevs Forschung und ihre Anwendung auf den Menschen sind unbestritten. Wegen diesem Ansatz haben viele Sportler das Modell für das gesamte Training übernommen.

Was passiert bei der Superkompensation?

Bei körperlicher Aktivität wird der Körper stärker beansprucht, verbraucht mehr Sauerstoff und Energie und nutzt mehr Kraft als im Ruhezustand. Diese erhöhte Leistung kann aber nur für eine begrenzte Zeit gehalten werden, abhängig davon, wie fit jemand ist. Danach folgt eine Erholungsphase, in der die Energiespeicher, wie zum Beispiel Muskelglykogen, das als Energiereserve dient, wieder aufgefüllt werden. Während dieser Phase wird die Leistungsfähigkeit nach und nach wieder besser. Der Körper stellt nicht nur seine alte Leistungsfähigkeit wieder her, sondern übertrifft sie sogar und passt sich an das vorherige Training an. Das ermöglicht es, intensiver zu trainieren und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Wenn dieser günstige Moment nicht genutzt wird, sinkt die Leistung wieder.

Phasen des Modells

Grafik Superkompensation

Superkompenstaion der Leistungsfähigkeit nach Belastung (nach Jakowlew, 1967).

Quelle: Das neue Denkmodell in der Physiotherapie, Band 1, Seite 464 von Antje Hüter-Becker, 2006

Das Trainingsprinzip lässt sich in fünf einfache Phasen einteilen:

  1. Trainingsreiz
  2. Reduktion der Leistungsfähigkeit
  3. Regenerationsphase
  4. Superkompensation
  5. Wiederherstellung der ursprünglichen Leistungsfähigkeit (wenn kein neuer Trainingsreiz gesetzt wird)

Wann ist die Superkompensation am höchsten?

In der Regel tritt die höchste Superkompensation nach einer Erholungsphase von 2-3 Tagen ein. Studien mit erfahrenen Radfahrern zeigen jedoch, dass bei intensivem Training und einer erhöhten Kohlenhydrataufnahme auch 5 Tage für die Superkompensation erforderlich sein können. Für Freizeitsportler hat sich allerdings eine Erholungszeit von etwa 3 Tagen als zuverlässiger Richtwert etabliert.
Verschiedene Faktoren nehmen Einfluss auf die Dauer.

 

Besonders wichtig sind folgende Faktoren:

  • Alter
  • Schlaf
  • Ernährung
  • Fitnessniveau
  • Intensität des Trainingsreizes
  • Belastetes Organ und System

Woran erkennst du eine Superkompensation?

Du kannst innerhalb von 2–3 Tagen nach dem Training feststellen, ob dein Körper sich effektiv erholt hat und sich in der Superkompensationsphase befindet.

  • Kein Muskelkater oder Schweregefühl in den Gliedmassen mehr
  • Du wirst dich körperlich und geistig stark, motiviert und energiegeladen fühlen
  • Dein Ruhepuls, gemessen vor dem Aufstehen am Morgen, weist normale Werte auf. Der Ruhepuls steigt typischerweise mit fortschreitender Regenerationsphase an (während der Erholungsphase ist der Ruhepuls oft
    höher als normal)

Wenn du diese Anzeichen bemerkst, bedeutet das, dass deine Muskeln und dein Herz-Kreislauf-System sich vollständig erholt haben und du in die Superkompensationsphase eingetreten bist. Das ist der beste Zeitpunkt, um das nächste intensive Training einzuleiten. Wenn du jedoch die unterschiedlichen Regenerationszeiten nicht berücksichtigst, besteht das Risiko von Übertraining und möglichen Verletzungen.

 

Die Anpassung in verschiedenen Systemen und Organen

Ursprünglich sollte Yakovlevs Modell untersuchen, wie lange es dauert, bis die Glukosespeicher wieder aufgefüllt sind, nachdem sie erschöpft wurden. Es ist jedoch flexibel genug, um auf fast alle körperlichen Anpassungsprozesse angewendet zu werden. Es ist wichtig zu beachten, dass verschiedene Organe und Systeme unterschiedliche Erholungszeiten benötigen. Gewebe mit einem langsamen Stoffwechsel wie Knorpel, Bänder und Sehnen gelten als «bradytroph». Die Anpassung dieser Strukturen dauert länger, wodurch die Superkompensation verzögert einsetzt. Nach einer Verletzung von Muskelfasern kann der Prozess zwischen drei und acht Tagen dauern.

 

Wichtige Voraussetzungen

Neben den bereits genannten Einflussfaktoren gibt es noch relevante Voraussetzungen, damit die Superkompensation funktionieren kann. Vor allem das Schwellengesetz, auch bekannt als Prinzip des wirksamen Reizes, spielt dabei eine zentrale Rolle. Laut diesem Gesetz muss eine Belastung eine bestimmte
Intensitätsschwelle überschreiten, um einen positiven Effekt auf das Training zu haben. Nur dann kann der Körper beginnen, sich anzupassen und zu verbessern. Belastungen, die unter dieser Schwelle liegen, haben keinen Effekt und könnten sogar die Leistungsfähigkeit mindern. In schlimmen Fällen kann das zu einem Muskelabbau führen, der auch als «Atrophie» bekannt ist.

 

Zu starke Belastungen können hingegen schädlich sein und zu Überlastungen sowie Verletzungen führen. Selbst Belastungen, die knapp über der Schwelle liegen, können lediglich das aktuelle Leistungsniveau erhalten, aber nicht verbessern. Insgesamt zeigt sich, dass sowohl moderate als auch intensive Belastungen relevante Veränderungen in deinem Körper bewirken können.

 

3 Tipps für Superkompensation im Training

  1. Um deinen Körper gut zu verstehen und seine Bedürfnisse effektiv zu erfüllen, ist es wichtig, ein starkes Bewusstsein und eine hohe Aufmerksamkeit zu entwickeln. Achtsamkeitsübungen können dich dabei unterstützen.
  2. Trainiere systematisch, indem du Prinzipien aus der Trainingswissenschaft anwendest. Regelmässige und angemessene Trainingsreize sind entscheidend für deinen Fortschritt, während ausreichende Erholung nicht
    vernachlässigt werden darf. Die Erschöpfung des passiven Bewegungsapparats wird oft nicht wahrgenommen. Es ist entscheidend, deinen Körper schrittweise an intensives Krafttraining, schnelle Sprints und wiederholte Aktivitäten wie Langstreckenlauf oder Radfahren zu gewöhnen. Nur so kannst du Übertraining und Verletzungen vermeiden.
  3. Achte genau auf deine Ernährung. Der Verzehr von Kohlenhydraten direkt nach dem Training fördert die Regeneration der Glykogenspeicher und unterstützt die Superkompensation. Protein ist entscheidend für den Erhalt und Aufbau von Muskeln, während Mineralien und Vitamine wesentliche Stoffwechselprozesse fördern, die für die Steigerung deiner Leistungsfähigkeit entscheidend sind.

Vorteile der Superkompensation

  • Leistungssteigerung
    Eine Leistungssteigerung wird durch gezielte Trainingsreize und ausreichende Regeneration erreicht.
  • Optimale Anpassung des Körpers
    Durch die Superkompensation passt sich der Körper optimal an höhere Belastungen an.
  • Langfristiger Fortschritt
    Regelmässige Einbindung und Berücksichtigung der Superkompensation in deinen Trainingsalltag stellt kontinuierliche Fortschritte und langfristige Trainingserfolge sicher.

Risiken bei falscher Ausführung der Superkompensation

  • Unterschiede in der Regenerationszeit verschiedener Körperstrukturen
    Wenn der Körper nicht genug Zeit zur Erholung hat, kann Übertraining entstehen.
  • Verletzungsgefahr
    Zu häufiges oder zu intensives Training ohne ausreichende Erholung kann zu Verletzungen wie Muskelrissen, Sehnenentzündungen und Gelenkproblemen führen.
  • Stillstand oder Leistungsabfall
    Wenn das Training zu intensiv ist und keine oder nicht genügend Erholungsphasen eingeplant sind, kann der Körper nicht richtig regenerieren. Das kann zu Stillstand oder Leistungsabfall führen, genauso wie ein zu
    geringer Trainingsreiz bzw. zu lange Trainingspausen.

Letztlich entscheidend im Umgang mit der Superkompensation ist, dass du:

  • dir Zeit nimmst, um auf deine innere Stimme zu hören und auf die Signale deines Körpers achtest.
  • Erfahrung sammelst! Schreibe dir auf, was gut funktioniert hat und was du verbessern könntest.
  • dein Training anpasst, einschliesslich der Intensität und Dauer der Übungen sowie der Erholungsphasen, indem du deine eigene Einschätzung und persönliche Erfahrungen berücksichtigt.

Kann die Superkompensation ausbleiben?

Ja, wenn du dich nicht an die genannten Punkte hältst und dein Training z.B. nicht intensiv genug ist oder du nicht ausreichend Erholung einplanst, ist dies durchaus möglich bzw. sogar die logische Folge. Das Nichteinhalten der physiologischen Gesetze führt dazu, dass die Superkompensation nicht oder nicht optimal stattfinden kann.

 

Fazit

Superkompensation ist ein fundamentales Prinzip im Training, das effektiv zu Leistungssteigerung und Muskelaufbau beiträgt. Es birgt keine inhärenten Nachteile, solange die Prinzipien der Belastung und Erholung korrekt angewendet werden. Allerdings sind individuelle Unterschiede und die Notwendigkeit einer durchdachten
Trainingsplanung zu berücksichtigen, um Übertraining und Verletzungen zu vermeiden. Training muss nicht zwingend immer strikt nach dem Prinzip der Superkompensation ausgerichtet sein, um Fortschritte zu machen, aber es stellt einen effektiven und bewährten Ansatz dar.

Quellen:

  • www.evofitness.de/magazin/training/was-ist-unter-dem-prinzip-der-superkompensation-zu-verstehen
  • www.aok.de/pk/magazin/sport/fitness/mehr-leistung-beim-sport-durch-superkompensation/
  • www.sportlerplus.com/articles/superkompensation/
  • www.loges.de/ratgeber/das-modell-der-superkompensation-noch-praktikabel
  • www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/superkompensation.html