Körperwahrnehmung, Abnehmen

Foto: Polina Tankilevitsch

Vieles im Training ist messbar. Und doch entscheidet nicht nur die Kraftleistung über den Erfolg. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt die persönliche Wahrnehmung des eigenen Körpers. Denn: Menschen, die sich trotz objektivem Fortschritt nicht zufrieden fühlen, verlieren leichter die Motivation und nehmen Erfolge nicht als solche wahr. In der Sportpsychologie wird dieses Phänomen auch als Körperbilddiskrepanz beschrieben. Gemeint ist damit die Lücke zwischen realem Erscheinungsbild und subjektivem Empfinden. Je grösser diese Lücke ausfällt, desto grösser ist auch das Risiko für Frustration oder übermässiges Training. Entsprechende Forschungen sind bereits ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst bei sportlich aktiven Personen das wahrgenommene Körperbild häufig negativ verzerrt bleibt – unabhängig von ihrem objektiven Trainingsstand.

Selbst kleine Zonen können zur Belastung werden

Besonders bei einem sehr fokussierten Training geraten ästhetische Ziele in bestimmten Zonen wie dem Bauch, der Hüfte oder den Oberschenkel in den Mittelpunkt. Diese Fixierung kann allerdings dazu führen, dass alle anderen Erfolge in den Hintergrund treten. So wird beispielsweise der Kraftzuwachs ignoriert, nur weil ein definierter Bauch fehlt. Dadurch kippt die Motivation schnell. In solchen Fällen ziehen immer mehr Athlet:innen neben ihrem Training zusätzliche Verfahren in Betracht. Die Kryolipolyse ist eine davon. Bei ihr wird Gewebe lokal mit Kälte behandelt, um so gezielt Fettzellen zu reduzieren. Das Verfahren gilt als medizinisch unbedenklich, ersetzt aber keine nachhaltige Trainingsstruktur und sollte nicht als schnelle Lösung missverstanden werden.

Mentale Stärke beginnt im Spiegel

Ein stabiles Körperbild wirkt sich nachweislich positiv auf die Trainingsbereitschaft aus. Diejenigen, die sich als leistungsfähig erleben, trainieren konstanter und nehmen ihre Fortschritte differenzierter wahr. Personen mit einem positiven Selbstbild bleiben laut Studien signifikant häufiger langfristig aktiv. Gerade funktionell orientierte Trainingsformen, bei denen Leistung vor Ästhetik steht, fördern diese Entwicklung. Ergänzend dazu arbeiten mittlerweile auch immer mehr Trainer:innen mit mentalen Techniken. Visualisierung, Tagebuchführung oder gezielte Reflexionsfragen zur Selbstwahrnehmung sind damit nicht mehr nur im Leistungssport üblich. Entscheidend ist, sich nicht ausschliesslich über den äusseren Eindruck zu definieren, sondern auch über die spürbaren Fortschritte, ob beim Energielevel, der Bewegungsqualität oder der Regeneration.

Digitale Vorbilder sorgen für verzerrte Massstäbe

Die sozialen Medien beeinflussen die Körperwahrnehmung stärker, als vielen bewusst ist. Hochglanzbilder von perfekt inszenierten Fitnesskörpern suggerieren Ideale, die für die meisten Menschen kaum erreichbar sind. Besonders junge Erwachsene fühlen sich durch derartige Inhalte unter Druck gesetzt. Die Folge: unrealistische Ziele, ein ständiger Vergleich und eine steigende Unzufriedenheit trotz sichtbarem Trainingserfolg. Zielorientiertes Training funktioniert jedoch nur dann nachhaltig, wenn es sich an der eigenen Lebensrealität orientiert. Der Vergleich mit anderen – besonders mit digitalen Inszenierungen – verzerrt den Blick und erschwert die Einschätzung der eigenen Fortschritte.

Vertrauen statt Bewertung

Ein gesunder Umgang mit dem eigenen Körper bedeutet nicht zwangsläufig, jeden Tag zufrieden in den Spiegel schauen zu müssen. Es heisst jedoch, die Verbindung zwischen körperlicher Leistung und persönlicher Entwicklung zu erkennen. Dazu gehört auch, die eigenen Grenzen zu akzeptieren und nicht jeder Idealvorstellung nachzueifern. Medizinisch gesehen ist ein realistisches Körperbild im Übrigen nicht nur für das psychische Wohlbefinden relevant, sondern auch für die körperliche Gesundheit. Studien zeigen, dass Menschen mit einer stabilen Selbstwahrnehmung seltener unter Verletzungen durch Überlastung leiden und weniger häufig Trainingsabbrüche erleben.

Fortschritt beginnt im Kopf

Beim Training geht es um mehr, als nur um den Muskelaufbau. Diejenigen, die es schaffen, die eigene Wahrnehmung mit der Realität abzugleichen, fördern sowohl ihre körperliche Entwicklung, als auch das Vertrauen in sich selbst. Es lohnt sich also, regelmässig innezuhalten, die eigenen Fortschritte bewusst wahrzunehmen – und die Vorstellung vom „perfekten Körper“ hinter sich zu lassen. Der Schlüssel liegt damit in der Verbindung zwischen Bewegung, Bewusstsein und Akzeptanz.