Starke Schultern Teil 2 – die Rotatorenmanschette: Deine Versicherung für eine stabile Schulter
Aufbau und Funktion der Rotatorenmanschette
Als Rotatorenmanschette wird eine Gruppe von vier Muskeln bezeichnet: Infraspinatus, Supraspinatus, Subscapularis und Teres Minor. Aus funktioneller Sicht kann auch noch die Sehne des langen Kopfes des «Musculus biceps brachii» dazugezählt werden, der die Schulter vor einer Luxation nach vorne schützt. Die vier Hauptmuskeln entspringen am Schulterblatt und vereinigen sich in einer Sehnenkappe, die am Oberarmkopf ansetzt. Da diese Platte aus Sehnen der kurzen Schulterrotatoren gebildet wird, hat sich der Begriff «Rotatorenmanschette» eingebürgert. Das Schultergelenk besitzt aufgrund seiner relativ kleinen Gelenkpfanne nur eine schwache knöcherne Führung. Sie bietet zwar sehr viel Bewegungsfreiheit, aber wenig Stabilität. Jetzt kommt die Rotatorenmanschette ins Spiel. Sie ist verantwortlich für die Zentrierung des Gelenkkopfes am Oberarmknochen in der Gelenkpfanne des Schulterblattes. Die Muskeln der Rotatorenmanschette haben auch einen direkten Einfluss auf die Spannung der Gelenkkapsel. Die einzelnen Muskeln führen zusätzlich Rotations- und Abspreizbewegungen in der Schulter durch. Doch hierbei geht es mehr um Stabilisierung, Zentrierung und Koordination. Wenn es um maximale Kraft bei den jeweiligen Bewegungen geht, sind jedoch andere Muskeln verantwortlich. Beispiel: Du führst die Bewegung «Seitheben mit Kurzhanteln» durch. Der Deltoideus sorgt dafür, dass die Schulter abgespreizt werden kann. Der Supraspinatus verhindert, dass der Oberarmkopf gegen die Gelenkpfanne gedrückt wird und diesen nach unten zentriert. Erst das Zusammenspiel dieser beiden Muskeln führt zu maximaler Kraft, Koordination und Bewegungsökonomie, ohne dauerhaften Schaden anzurichten.Warum liegt die Ursache so vieler Schmerzen in der Rotatorenmanschette?
Die verschiedenen Sehnen der Rotatorenmanschette Sehnen der Rotatorenmanschette können durch einen Unfall reissen. Wir nennen diese Schädigung auch traumatische Ursache. Doch was sehr viel häufiger vorkommt, ist eine schrittweise Überlastung diverser Sehnen. Die Gründe dafür können sehr vielseitig sein, aber allgemein lässt sich zusammenfassen, dass die Belastung die Belastbarkeit übersteigt. Beispiel: Du hast schon seit Jahren keinen Ball mehr geworfen. Doch dann machst du bei einem Steinwettwerfen mit. Deine Rotatoren sind sich aber an diese schnellen, kraftvollen Rotationen in einer Überkopfpositionen nicht gewohnt. Nun kann es sehr schnell zu Überlastungen kommen. Wiederholst du diesen Vorgang, kann es auch strukturelle Schädigungen, also ein Einreissen der Sehne zur Folge haben. Ein suboptimales Zusammenspiel der einzelnen Rotatoren und somit eine weniger gute Gelenkführung reduzieren die Belastbarkeit noch weiter. Jetzt beobachten wir aber sehr häufig – vor allem bei älteren Menschen ohne grosse Schulterbelastung – Probleme mit der Rotatorenmanschette. Dies ist auf eine schlechter werdende Trophik, also Ernährung der Sehne, zurückzuführen. Somit kann sich die Sehne auch von alltäglichen Belastungen nicht mehr erholen und verliert an Elastizität und Reissfestigkeit. Das Resultat: Wiederkehrende kleine Risse bis hin zu einem degenerativen Abreissen der Sehne. Durch ständige Überbelastung beschleunigst du diesen Vorgang und die Sehne kann bereits in jungen Jahren Beschwerden machen.Wie kann die Rotatorenmanschette belastbarer gemacht werden?
- Training Wir haben gesehen, die Rotatorenmanschette ist eher für die Feinabstimmung und Stabilisierung der Schulter zuständig. Genauso muss anfangs das Training aussehen. Von der isolierten Aktivierung der einzelnen Muskeln über die zentrierende Funktion bis hin zu funktionellen Bewegungen wird ein schrittweiser Aufbau empfohlen.
- Alltagsanpassungen Jeder Mensch hat unterschiedliche Anforderungen im Alltag und/oder im Sport. Diese sollten analysiert und die Belastung soweit angepasst werden, dass sie der aktuellen Belastbarkeit der Sehne entspricht. Wenn keine Beschwerden bestehen, macht es auch wenig Sinn, hier sich übermässig zu schonen. Aber wer bereits unter wiederkehrenden Schmerzen leidet, überlässt beispielsweise das unkontrollierte Hochheben von schweren Gegenständen besser den Kollegen, sofern das möglich ist.
- Individuelle Faktoren Eine gute Wahrnehmung und Koordination sind die Grundlage für eine effiziente Technik. Je ökonomischer die Schulter arbeitet, desto weniger wird sie auch bei maximalen Kraftanstrengungen belastet, wie dies z. B. bei einem Tennisaufschlag oder 200 kg Bankdrücken der Fall ist. Die Schulter setzt sich, wie du bereits weisst, aus vielen funktionellen Gelenken zusammen. Nur das optimale Zusammenspiel all dieser Einheiten ermöglicht maximale Leistung bei maximaler Gesundheit und bestmögliche Belastbarkeit. Eine optimale Funktion der Rotatorenmanschette ist aber nicht nur vom ganzen Schulterkomplex abhängig, sondern von der gesamten kinetischen Kette. Wenn die Hüfte oder der Rumpf bei einem Tennisaufschlag nicht optimal arbeitet, erhöht sich die Belastung auf die Brustwirbelsäule (BWS), die Schulter und am Ende auch auf die Rotatorenmanschette.
- Trophik der Sehne Wir haben dieses Thema bereits kurz angesprochen. Jede Belastung führt zu einem Abbau von Gewebe. Durch eine Pause kann sich das Gewebe wieder erholen und es überkompensiert in der Regel. Das heisst, es wird belastbarer, um sich vor weiteren Reizen zu schützen. Dieses Prinzip der Superkompensation kennen wir vom Muskelaufbau her. Bei Sehnengewebe findet dieser Prozess genauso statt, aber die Regeneration dauert deutlich länger, weil die Sehne an sich schon eher schlecht durchblutet und ernährt wird. Inaktivität, eine suboptimale Versorgung über Blutgefässe und Nerven, die beispielsweise in der Halswirbelsäule entspringen, oder schlichtweg eine ständige Dauerbelastung führen dazu, dass sich die Sehne nicht mehr erholen kann und der Abbauprozess schneller voranschreitet als der Wiederaufbau.
Wie kannst du deine Rotatorenmanschette trainieren?
Bei vielen Schulterpathologien ist die Abschwächung der Aussenrotation der Schulter (v.a. der Musculi «infraspinatus» und «teres minor») sowohl Ursache als auch Symptom. Diese sollte so früh wie möglich wieder trainiert werden. Die dargestellten Übungen stellen eine sinnvolle Progressionsreihenfolge der Aussenrotation der Schulter dar: AUSSEROTATION IM LIEGEN: In einer stabilen Seitenlage wird der Arm durch ein Kissen leicht abduziert. Die Schulter liegt entspannt (ganz leichte Protraktionsstellung, Nacken entspannt). Der Arm wird von einer leichten Innenrotationsstellung in eine maximale Aussenrotation gebracht, ohne dass der Oberkörper mitrotiert wird.AUSSENROTATION MIT ABDUKTION:
Durch die Stange können der Arm in 60-120° Abduktion fixiert und die Schwierigkeit auf die Koordination weiter erhöht werden. Die Bewegung sollte rein aus der Schulter kommen und der Nacken möglichst entspannt bleiben. Je höher der Oberarm fixiert wird, desto schwieriger wird die Koordination einer sauberen Aussenrotationsbewegung. Die Höhe richtet sich nach der Fähigkeit, eine saubere, schmerzfreie Aussenrotation auszuführen.
FACEPULLS MIT AUSSENROTATION:
In dieser Position werden sowohl die Zugmuskulatur als auch die Abduktoren der Schulter beansprucht, während die Musculi «teres minor» und «infraspinatus» eine saubere Aussenrotation der Schulter ausführen. Es ist dabei sehr wichtig, dass die Schultern unten gehalten werden und der Kopf seine neutrale Position nicht verlässt.
Diese Übung kann auch sehr gut einarmig durchgeführt werden.
Abschliessende Worte
Wie du siehst, ist eine gut funktionierende Rotatorenmanschette die Grundlage für eine gesunde und belastbare Schulter. Doch die optimale Funktion der Rotatorenmanschette unterliegt noch vielen anderen Faktoren. Einem sehr wichtigen Faktor widmen wir uns im nächsten und letzten Artikel zu diesem Thema, nämlich der Schulterblattstabilität und den praktischen Empfehlungen, wie du durch eine optimale Schulterblattführung nicht nur gesünder, sondern vor allem auch stärker wirst.